home

impressum

     

Librikon

 
 
 
             

 

magazin für kinderbuchkultur

 

 

 

 

 

 

Leserfragen

Frage 1-31

 

 

 

Leserfragen

Frage 31-61

 

 

 

Leserfragen

Frage 61-91

 

 

 

Willkommen ...

 

 

 

Das Eine Buch

 

 

 

Gerechtigkeit für ...

 

 

 

Freiheit für ...

 

 

 

Evergreens

 

 

 

Leserfragen

 

 

 

Lesen im Grünen

 

 

 

Tipps zum Thema

 

 

 

Werk und Sein

 

 

 

Jugend liest

 

 

 

Freies Geleit

 

 

 

Comics

 

 

 

Bewegte Bilder

 

 

 

Auf der Waagschale

 

 

 

Wider die Leseförderung

 

 

 

Nachbarskinder

 

 

 

Buch von Wert

 

 

 

Hilfe, mein Kind liest...

 

 

 

Einspruch!

 

 

 

 

 

 

Leserfrage 144:

Aus bekannten Gründen geht es bei uns dieses Jahr nicht ins Ausland - sondern an die Müritz! Für meine 8-Jährige Tochter, hauptberuflich Leseratte, würde ich gern als Überraschung ein nette Buch mitnehmen!

 

Antwort 144:

 

Müritz-Spannung!

Kerstin Groeper: "Abenteuer an der Müritz. Lilly und Nikolaus und die verbotene Insel"

Von Susan Müller

 

Es ist wieder soweit. Freie Tage mit der Familie bedeuten ganz sicher Abenteuer. Nikolas´ und Lillys Eltern haben immer einen Plan im Gepäck, der keine Langeweile aufkommen lässt. Doch auch ohne Plan würden die Kinder etwas erleben. Diesmal lernen sie Brandon, Karl, Carla und Sven kennen, mit denen sie spielen. Mit denen entdecken sie auch die Lichter auf der Insel, die vielleicht zu den Vogelforschern gehören. Ob die abends noch viel sehen? Was hat es mit Lillys Entdeckung im See auf sich? Ihr blickte doch tatsächlich ein Gesicht entgegen. Viele Erlebnisse rund um Natur, Tiere, Schlösser und ein spannender Fall für die jungen Detektive runden den aufregenden Urlaub ab.

 

 

 

Kerstin Groeper:

„Abenteuer an der Müritz. Lilly und Nikolaus und die verbotene Insel“

Biber & Butzemann 2020

128 Seiten,  Euro 15,95

ISBN 978-3959160575

 

 

 

 

Leserfrage 143:

Mein Sohn hat scheinbar ein großes Lieblingsinteresse –alles Scheußliche rund um Exkremente. Warum nicht? Gern würde ich ihm ein Buch geben, das ihn vom Hocker reißt.

 

 

Antwort 143:

 

Ekelspaß

Bärbel Oftring: „Voll eklig. 55 eklige Dinge und was dahinter steckt“

Von Anne Spitzner

 

 

In Bärbel Oftrings Buch „Voll eklig!“ geht es, wie schon der Untertitel verrät, um „55 eklige Dinge und was dahintersteckt“. Das Hauptziel dabei ist, Dinge, vor denen sich viele Menschen ekeln, so aufzubereiten, dass sie weniger als eklig und vielmehr als spannend erscheinen.

Zunächst führt Oftring in das Phänomen des Ekels generell ein, woher es kommt und weshalb es häufig auch sinnvoll ist, Ekel zu empfinden. Anschließend ist jedem „ekligen Ding“ eine Doppelseite gewidmet, und von A wie Aas über B wie Blut und K wie Körperwürmer bis Z wie Zecken ist so ziemlich alles dabei, vor was man sich so ekeln kann – seien es nun Tiere wie Schlangen oder Spinnen oder Produkte des (eigenen) Körpers wie Spucke oder Erbrochenes.

Zu jedem Thema gibt es zunächst einen kurzen Text, der dem Leser vor Augen führt, warum es hier um etwas Ekliges geht. Dabei schafft es Bärbel Oftring mit explizitem Vokabular und Freude am Detail, sehr bildliche Szenen regelrecht heraufzubeschwören, und selbst, wenn man an und für sich kein Problem mit etwas hat, z.B. mit Blut, denkt man beim Lesen dieser Beschreibungen manchmal „igittigitt“. Man liest diesen Einführungstext sozusagen mit einem lachenden und einem sich ekelnden Auge, denn sie sind alle mit einem Augenzwinkern geschrieben und sagen meist in etwa Folgendes aus: „Hey, das ist eklig – aber auch irgendwie lustig!“ Gerade Kinder, die ja häufig einen unheimlichen Spaß an Wörtern wie Furz, Kotze oder Scheiße haben, werden bei diesen Texten viel kichern.

Zusätzlich zu diesem klasse geschriebenen Infotext sind auf der Doppelseite viele weitere Ideen und Informationen untergebracht, die spannend sind – und es durch die abwechslungsreiche und gelungene Gestaltung auch bleiben. Hier finden sich bspw. Forscheraufgaben, Nicht-mehr-ekeln-Tipps oder Aha-Boxen, in denen kurz und knapp interessante Fakten zum Thema zusammengetragen werden. So erfährt man beispielsweise, wie Mumien im Alten Ägypten angefertigt worden sind oder dass Fledermäuse in der Lage sind, Menschen anhand des Geruchs ihres Ohrenschmalzes zu finden. Unterstützt werden die Textelemente von Fotos und tollen Illustrationen von Roberta Bergmann und Tonia Wiatkowski, beispielsweise kann man auf jeder Seite auch sein persönliches „Ekel-Barometer“ ankreuzen. Es gibt auch Ekel-Rezepte wie „Blutige Finger“ oder „Algensalat“.

Zu jeder Seite gibt es auch ein oder zwei Quizfragen (deren Lösungen sich inkl. Erklärungen am Ende des Buches finden). Zudem gibt es zu jedem „Ekel-Ding“ mehrere Begründungen, weshalb wir sie als eklig empfinden. Dabei wird kurz, naturwissenschaftlich korrekt und knackig erklärt, weshalb z.B. Eiter oft weißlich ist und dass dies nur darauf hindeutet, dass das körpereigene Abwehrsystem seine Arbeit macht – und schon erscheint einem alles sehr viel weniger eklig. Dabei verliert Bärbel Oftring allerdings nie aus den Augen, dass – wie sie ja auch in der Einleitung schildert – es meist einen Grund gibt, warum man Ekel empfindet. So wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man beim Umgang Vorsicht walten lassen muss – dass man etwa beim Untersuchen von Schimmel aufpassen soll, keine Sporen einzuatmen, oder dass man Aas nicht berühren sollte. Diese Vorsichtsmaßregeln bleiben allerdings Vorsichtsmaßregeln und keine Panikmache vor Körperflüssigkeiten o.Ä., was der Botschaft dieses Buches ja auch gründlich widersprechen würde. Zum Schluss kann man noch auf drei Siegertreppchen seine persönliche Ekel-Hitparade zusammenstellen und das ekligste Ekel-Ding küren.

Fazit: Ein lehrreiches und spannendes Buch, aus dem man sehr viel lernen und mit dem man vielleicht ein wenig unbegründeten oder übertriebenen Ekel abbauen kann – mit Texten, in denen der Ekelfaktor großartig mit viel Liebe zum Detail zelebriert wird, und mit vielen tollen Ideen zum Forschen, Zeichnen und Entdecken. Klasse Sache!

(Ab 8)

 

Bärbel Oftring: „Voll eklig. 55 eklige Dinge und was dahinter steckt“

Haupt Verlag 2014

149 Seiten, Euro 14,90

ISBN 978-3258078434

 

 

 

 

Leserfrage 142:

Ich suche nach einem Buch mit Sprachspielen und –erkundung, das Kindern ab 10 J. Freude machen könnte

 

Antwort 142:

 

Was für Einfälle!

Martin Heckmanns: „Konstantin im Wörterwald“

Von Anne Spitzner

 

Konstantin ist schmächtig, stottert, und seine Ohren stehen ab. Das macht ihn nicht gerade zu einem selbstbewussten Jungen. Aber wenn er liest, dann ist alles ganz anders, und wenn er schreibt, dann stottert er nicht, sondern ist mutig und hat die tollsten Einfälle. So macht er sich auf in den Wörterwald, um wie ein Ritter in einem Märchen das Ungeheuer zu besiegen und die Prinzessin zu retten.

„Konstantin im Wörterwald“ von Martin Heckmanns nimmt den Leser mit in eine Welt aus Wörtern. Und zwar nicht nur so, wie das eigentlich jedes Buch macht, da ja fast alle Bücher aus Wörtern bestehen, sondern in eine außergewöhnliche Welt. Hier sind Worte Waffen und Buchstaben Hinweise, hier machen Worte mutig. So „bezwingt“ Konstantin zum Beispiel das Untier, indem er es beschreibt. Indem er sagt: „Du siehst aus wie…“ oder „Du bist kleiner als…“, macht er das Untier erfahrbar – und nimmt ihm damit seine Ungeheuerlichkeit. Durch die Macht seiner Worte ist Konstantin dann aber so groß geworden, dass er nicht durch den Eingang der Höhle passt – und so muss er sich dumm stellen, bis er wieder weit genug geschrumpft ist, um hindurchzupassen.

Diese Einfälle, diese Wort-Spiele auf mehreren Ebenen sind es, die „Konstantin im Wörterwald“ zu einem so tollen Buch machen. Es ist tatsächlich nicht die Geschichte – eine Geschichte dieser Art kann man in jedem zweiten Märchen finden und sogar in vielen Videospielen. Aber die Art, wie diese Geschichte erzählt wird – superb! Da blubbert der Fluss einem direkt ins Ohr, man hört die Bäume rauschen, und man kann die Macht der Worte regelrecht fühlen, die Konstantin von klein und schmächtig zu groß und mächtig werden lassen.

Spielereien wie „das Dickicht war blickdicht“ und Einfälle wie „Konstantin hatte keine Angst. Das hatte er schriftlich. Das hatte er aufgeschrieben. […] Er gehorchte seiner eigenen Vorschrift und trat dem Ungetüm furchtlos entgegen.“ sind es, die dieses Buch zu einer wahren Köstlichkeit für Sprachliebhaber werden lassen. Und eine Hommage an Kafka ist auch noch versteckt, wahrscheinlich sind sogar noch mehr derartige Zitate eingebaut, die ich nur nicht gefunden habe.

Die Bilder von Stefanie Harjes verleihen den Worten von Martin Heckmanns noch mehr Ausdruck. Es sind Strichzeichnungen, in schwarz-weiß gehalten mit hie und da einem roten Akzent. Hier sieht man Konstantin, den schmalen Jungen mit den abstehenden Ohren; man sieht ihn dem Ungeheuer gegenübertreten und man sieht ihn durch den Fluss schwimmen. All das – und noch viel mehr. Fragen, die sich Konstantin stellen und die durch das reine Lesen nicht beantwortet werden können, erhalten durch die Bilder zumindest eine mögliche Antwort. Ein Beispiel: Als Konstantin in den Fluss springt und sich von diesem mitreißen lässt, hört er ein Gedicht und wird von einer unbekannten Stimme dazu gedrängt, an der richtigen Stelle auszusteigen. Konstantin selbst vermutet, dass letzteres ein Aal war, den er im Fluss gesehen hat, aber woher das Gedicht kam, weiß er nicht. Das Bild, das Stefanie Harjes an dieser Stelle vom Fluss zeichnet, zeigt diesen als Frau, deren Körper der Strom ist, und lässt so den Schluss zu, dass es der Fluss selbst war, dessen Gedicht Konstantin gehört hat. So greifen Text und Bilder ineinander, bieten einander verschiedene Ebenen und bilden eine Einheit.

„Konstantin im Wörterwald“ ist ein Buch für Abenteurer, für Sprach-Enthusiasten, für schüchterne Jungen und Mädchen) und auch für Große ein Genuss. Macht Spaß und darf gern mehrmals gelesen werden, weil man immer noch etwas Neues entdeckt!

(Ab 10)

 

 

Martin Heckmanns: „Konstantin im Wörterwald“

Mit Bildern von Stefanie Harjes

Mixtvsion 2014

80 Seiten, 16 Euro

ISBN 978-3944572116

 

 

 

 

 

Leserfrage 141:

Ich würde mir gern mit meinem Sohn zusammen ein informatives Buch im Themenbereich Mobilität anschaffen. Es müssen nicht immer Autos sein!

 

Antwort 141:

 

Nicht nur für Schiffsfreunde

Ian Graham: „50 Schiffe, die unsere Welt veränderten“

Von Anne Spitzner

 

 

Sie lassen uns träumen und ins Schwärmen geraten. Sie sind wunderschön, majestätisch, gewaltig. Auf manche von uns wirken sie sogar mit unwiderstehlicher Anziehungskraft.

Die Rede ist von Schiffen – obwohl man natürlich keineswegs alle Schiffe über einen Kamm scheren kann. Fünfzig ganz besondere Schiffe stellt der Physiker Ian Graham in seinem Buch „50 Schiffe, die unsere Welt veränderten“ vor.

Diese fünfzig Schiffe reichen von der Sonnenbarke des Pharaos bis zum modernen Tauchboot Alvin. Schlachtschiffe, Segler, Passagierdampfer und U-Boote – alles ist vertreten. Jedem Schiff werden dabei etwa zwei Doppelseiten gewidmet, auf denen die Geschichte des Schiffs erzählt wird. Besonderer Wert wird dabei (natürlich) darauf gelegt, was das Weltverändernde an diesen Schiffen war: Also zum Beispiel die Santa María als das Schiff, mit dem Kolumbus Amerika entdeckt hat, oder die HMS Beagle, auf der Charles Darwin die Forschungsreise unternahm, die zur Ausarbeitung seiner Evolutionstheorie führte. Auch technische Neuerungen sind selbstverständlich weltverändernd; so sind die ersten Schiffe mit Dampfantrieb, die ersten U-Boote, die diese Bezeichnung auch verdient hatten, oder Flugzeugträger und atomar angetriebene Schiffe dabei. Auch solche Schiffe wie die Rainbow Warrior, das (erste) „Kampfschiff“ von Greenpeace, oder die Torrey Canyon, der erste havarierte Öltanker, werden hier vorgestellt. In Infoboxen und weiterführenden Texten werden zudem noch bedeutend mehr als die „Top 50“ erwähnt: Schiffe, die kein eigenes Kapitel bekommen haben, aber in Zusammenhang mit dem Thema stehen, wie z.B. die Bathysphäre, mit der die erste bemannte Tauchfahrt stattfindet und die im Kapitel zum Tauchboot Alvin vorgestellt wird. Auch Aspekte wie Piraterie, Navigation sowie natürlich die Biographien beteiligter historischer Persönlichkeiten finden sich in solchen Zusatzkästen und sind sowohl interessant zu lesen als auch eine willkommene Auflockerung. So geht es nur im weitesten Sinne immer nur um Schiffe, und es gibt eine Menge Anknüpfungspunkte an andere Lebensbereiche.

Auf den knapp über 200 Seiten des Buches gibt es also eine Menge zu lesen, zu lernen und zu betrachten; Fotografien, Zeichnungen und Gemälde bieten dem Auge viele Botschaften, die der bloße Text nicht zu transportieren vermag. Leider sind manche davon ein wenig klein bzw. kann man sich auch, was die Schriftgröße anbelangt, des Eindrucks nicht erwehren, dass dem Buch ein größeres Format gutgetan hätte (wenn auch die etwa A5-große Ausführung es angenehmer zu halten macht als ein größeres Buch). Aber das sind Kleinigkeiten, die auch nur an manchen Stellen auffallen. Leider kann man als interessierter Laie nicht alle Fachbegriffe kennen; auch ein Glossar hätte dem Buch also womöglich weitergeholfen, genauso wie eine Übersetzung der Schiffsnamen, die nicht bei allen Schiffen mitgeliefert wird.

Die Texte sind kurz und bündig, aber informativ, weder zu faktenlastig noch zu prosaisch. Sie lassen den Leser regelrecht eintauchen in das Leben an Bord, egal, ob man das Schicksal des Schiffs (wie z.B. das der Titanic, die ja natürlich in einem solchen Buch dabei sein muss) schon kennt oder nicht. Immer wieder trifft man dabei auf Schiffsnamen, die man schon einmal gehört hat, oder auf geschichtliche Ereignisse, die einem ein Begriff sind. So verknüpft sich das neue Wissen leicht mit dem bereits vorhandenen, und man sieht z.B. einen Containerhafen mit ganz neuen Augen, wenn man erfahren hat, wie er überhaupt zustande kam.

Am Ende der meisten Kapitel wird erzählt, wie das entsprechende Schiff (oder zumindest seine Laufbahn als Wassergefährt) sein Ende fand, denn die wenigsten der Top 50 sind heute noch auf dem Wasser unterwegs. Viele dienen als Museumsschiffe, andere sind untergegangen, und wieder andere wurden einfach abgewrackt – womit sich wieder einmal zeigt, dass historischer Wert oft erst aus der Rückschau deutlich wird. Etwas anderes ist jedoch schon jetzt deutlich: Dieses Buch ist lesenswert! Nicht nur für Schiffsfreunde und Nautiker, sondern für alle, die schon den Titel interessant finden. Es lohnt sich!

 

 

Ian Graham: „50 Schiffe, die unsere Welt veränderten“

Haupt Verlag 2018

224 Seiten, Euro 29,90

ISBN 978-3258080857

 

 

 

 

 

 

Leserfrage 140:

Neben vielen Natur-Wissensbüchern, die viele Themen enthalten, finde ich auch immer zu sehr spezifischen Fragen. So zum Beispiel eines zu Bakterien. Was für ein spannendes Feld!

 

Antwort 140:

 

Was nirgends im Buch erwähnt wird

Idan Ben-Barak: „Dieses Buch auf keinen Fall ablecken! (Es ist voller Bakterien)“

Von Anne Spitzner

 

Wie sieht wohl ein T-Shirt von ganz, ganz nah aus? Aus der Perspektive einer Mikrobe sozusagen? Und wer lebt darauf?

Wer das wissen will, der sollte „Dieses Buch auf keinen Fall ablecken!“ von Idan Ben-Barak (Text) und Julian Frost (Bilder) lesen. Der Untertitel erklärt, warum man das Buch nicht mit der Zunge berühren soll, denn „Es ist voller Bakterien“. Was man darin lernt, ist allerdings, dass alles, mit dem wir tagtäglich zu tun haben, voller Bakterien steckt.

Das Bakterium bzw. die Mikrobe, mit der man es beim Lesen des Buches dann genauer zu tun bekommt, ist Mimi, ein kleines blaues Wesen, das auf den Seiten des Buches lebt (die ganz, ganz nah herangezoomt werden mit Hilfe echter Rasterelektronenmikroskopaufnahmen). Mimi langweilt sich, deshalb nehmen Autor und Leser sie mit auf eine Abenteuerreise und besuchen das T-Shirt, die Zähne und die Haut, wo sie jeweils andere Mikroben kennenlernen.

Die Idee ist charmant (so ist z.B. auf der Rückseite des Buchumschlags eine Stelle, an der man das Buch dann bitte ablecken soll, wenn man denn unbedingt möchte), und die Zeichnungen sind sehr liebenswert. Gleichzeitig sehen sie ihren echten Vorbildern so ähnlich, wie das eben geht, wenn sie noch Gesichter bekommen und ein wenig vereinfacht werden. Zum Schluss werden die Leser auch darüber aufgeklärt, wer die Mikroben in Wirklichkeit sind, wie sie heißen und was sie tun. Was ich jedoch ein wenig unglücklich gewählt finde, ist die Tatsache, dass die Hauptperson Mimi ein Kolibakterium ist, also ein Bakterium, das normalerweise im Darm lebt und dazu noch krank machen kann, wenn es außerhalb des Darms vorkommt… und gerade das soll nun in diesem Buch leben? Naja.

Das zweite Manko des Buches ist die Tatsache, dass nirgends erwähnt wird, wie nützlich die meisten Mikroben sind und dass wir ohne sie gar nicht leben könnten. Die gewählten Beispiele sind Streptokokken (die Karies verursachen), Schwarzschimmelpilze (die u.a. für den Geruch schmutziger Kleidung verantwortlich sind) und Corynebakterien (die auf der Haut leben und Wunden infizieren können etc.). Und eben Mimi, das Darmbakterium. In aller Kenntnis der Tatsache, dass viele Kinder gegen ein wenig Ekel nichts einzuwenden haben oder ihn sogar lustig finden, ist es meines Erachtens trotzdem keine besonders gut gewählte Gruppe von Beispielen, die zudem einseitig beschrieben werden. Die Kolibakterien in unserem Darm sind nämlich zum Beispiel immens wichtig für unsere Verdauung und machen nur dann krank, wenn sie eben nicht mehr da sind, wo sie hingehören – das wird aber nirgends erwähnt. Gerade weil dies ein Buch für Kinder ist, wäre es wichtig gewesen, die Fakten ausgewogen und wissenschaftlich korrekt darzustellen und nicht verfälschend zu vereinfachen.

Fazit: Nette Idee, spannende Mikroskopaufnahmen und interessante Tatsachen – aber „Dieses Buch auf keinen Fall ablecken!“ wird der faszinierenden Welt der Mikroben, vor allem ihrer nützlichen Seite, nicht einmal in Ansätzen gerecht.

(Ab 10)

 

Idan Ben-Barak: „Dieses Buch auf keinen Fall ablecken! (Es ist voller Bakterien)“

Mit Bildern von Julian Frost

Thienemann 2018

32 Seiten, 12 Euro

ISBN 978-3522458665

 

 

Die Rezensentin ist Biologin, unter anderem mit Schwerpunkt Didaktik der Biologie. Sie hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter „Entdecke die Evolution“.

 

 

 

Leserfrage 139:

Bei uns steht eine Thüringen-Reise an. Gibt es ein passendes Kinderbuch?

 

Antwort 139:

 

Durch Kinderaugen

Anja Tettenborn:  „Das kleine Gespenst Vincent entdeckt Thüringen“

Von Susan Müller

 

Das kleine Gespenst Vincent wohnt bei Bauer Strohmann und dessen Familie. Es möchte aber einmal etwas Anderes erleben, als die Kinder Mia und Ben immer nur zu beobachten. Es macht sich auf den Weg. Vincent ist es ja gewohnt tagsüber zu schlafen und geht daher nachts auf Entdeckungsreise. Er beginnt mit Schloss Molsdorf. Da ist er noch allein und trifft aber schnell auf Gustav, der kein gebastelter Schreckenskopf ist, sondern seinesgleichen. Ab da setzen die beiden ihren Weg gemeinsam fort, suchen sich für tagsüber tolle Schlafplätze, wo sie nachts dann erkunden können, was sich jeweils in den Museen und Burgen verbirgt. So sehen sie sich die Krämerbrücke in Erfurt an. Vincents Heimweh und Gustavs Neugier lassen sie zwischendurch die Strohmanns besuchen und Vincent freut sich, dass es Gustav so gut gefällt. So erfahren sie auch, dass Tante Agnes mit den Kindern Urlaub machen wird und verstecken sich in deren Rucksäcken. Das hat zur Folge, dass sie die Wartburg kennenlernen und auf dem Esel mitreiten, der die Kinder nach oben bringt. Sie sind beim Ausflug in die Feengrotten Saalfeld dabei und lernen eine Fee kennen. Angesichts ihrer Gestalt, können sie natürlich andere magische Wesen erkennen und mit ihnen sprechen. Auf dem Ferienprogramm von Tante Agnes steht noch die Barbarossahöhle und nach deren Besuch streikt das Auto. Den dreien bleibt nichts anderes übrig, als in Apolda zu übernachten. Dort findet am Abend ein wunderbares Konzert statt, so dass der unfreiwillige Aufenthalt noch sein Gutes hat. Die beiden Gespenster Vincent und Gustav verlassen die Kinder erstmal wieder, um sich allein umzuschauen und landen unbewusst im Planetarium Jena. Sie werden durch die „Ach“ und „Och“ der Besucher wach und wie durch ein Wunder hat sich niemand in ihren Sessel und damit auf sie drauf gesetzt. Fasziniert verlassen die Gespenster das Planetarium, aber werden wohl auf jeden Fall mal wiederkommen.

Nun haben sie so viel erlebt, dass sie sich an ihr anderes Vorhaben wagen können, sie schreiben das Buch über ihre Erlebnisse. Dafür fliegen sie zurück auf den Bauernhof, denn jetzt werden die Nächte wieder kürzer und die Tage länger, so dass sie bei Familie Strohmann gut aufgehoben sind. Wunderbare Reise durch Thüringen, deren Höhepunkte fantastisch durch Kinderaugen zu sehen sind.

(Ab 4)

 

 

Anja Tettenborn:

„Das kleine Gespenst Vincent entdeckt Thüringen“

Biber & Butzemann 2017

116 Seiten, Euro 14,50

ISBN 978-3959160-32-2

 

 

 

 

Leserfrage 138:

Ein neuer Frank Viva - was sagen Sie?

 

Antwort 138:

 

Die Maus soll beim nächsten Mal zu Hause bleiben

Frank Viva: "Ist es noch weit?"

Von Sarah Kassem

 

Frank Viva ist high profile, einer der prominentesten Illustratoren der Jetztzeit. Seine Grafiken finden sich regelmäßig auf dem Cover vom New Yorker (bisher auf 10 Ausgaben!), seine Bücher haben unzählige Preise abgestaubt, die MoMA hat bei ihm ihr erstes Kinderbuch in Auftrag gegeben (Young Frank Architect), und er ist nicht zuletzt Geschäftsführer seiner eigenen, immens erfolgreichen Designagentur Viva & Co., zu deren Kunden u. a. die Bill & Melinda Gates Foundation, Le Creuset, The New York Times und Krups gehören. Zusätzlich ist er Präsident des Advertising and Design Club of Canada und Mitglied im Kuratorium zweier Colleges. Ab und zu verzieren seine Kunstwerke auch die Subways von New York. Sein Buch Ganz weit weg bekam 2017 den Preis der Stiftung Buchkunst als eines der „schönsten deutschen Bücher“, die Kritik der Jury war überschäumend positiv.

Man könnte Frank Vivas Errungenschaften in seiner bisher 30-jährigen Karriere endlos weiterführen. Alles, was er macht, ist großartig, hochkarätig und top notch. Sein Illustrationsstil hat etwas ganz Besonderes: sehr retro und gleichzeitig sehr modern; sehr bunt und monochrom zugleich; verspielt, aber auch reduziert; sehr kräftig und plakativ, aber gleichzeitig auch verträumt und manchmal surreal. So auch Ist es noch weit?, das Kinderbuch, das nach Frank Vivas Antarktisreise entstanden ist. Darin befindet sich eine Maus auf einem Schiff unterwegs zur Antarktis. Nach dem Durchqueren der Drakestraße (das rauste Gewässer der Welt) auf einem russischen Forschungsschiff hat er laut eigener Angabe angefangen, dieses Reisetagebuch zu zeichnen.

Man traut sich ja gar nicht, einen solchen Giganten wie Frank Viva zu kritisieren. Ist es noch weit? ist optisch ein kunstvoller Augenschmaus. Inhaltlich ist es aber eher befriedigend. Eine ungeduldige und unsympathische Maus meckert und jammert die ganze Zeit und fragt ad nauseam, ob es denn noch weit sei und ob man denn endlich zurück nach Hause könne. Im Prinzip besteht das Buch nur aus dem Nörgeln der Maus. Der Mitfahrer der Maus, ein sympathischer Junge, versucht sie für die kleinen und großen Abenteuer zu begeistern, aber ohne Erfolg. Dennoch bleibt es ein schönes Buch mit wunderbaren und Fernweh erweckenden Illustrationen.

(Ab 3)

 

Frank Viva: "Ist es noch weit?"

Aus dem Kanadischen von Kati Hertzsch

Hardcover, 22,8 × 15,2 cm

Diogenes, 32 Seiten  Euro 16.-

ISBN 978-3-257-01230-9

 

 

 

 

Leserfrage 137:

Wir haben in der Familie mit Riesenbegeisterung "Ich bin hier bloß der Hamster" gelesen. Nun haben wir "Ich bin hier bloß das Schaf" entdeckt und würden uns über eine literaturkritische Einordnung dieser Fortsetzung freuen.

 

Antwort 137:

 

Wen's nicht stört

Friedbert Stohner: "Ich bin hier bloß das Schaf"

Von Anne Spitzner

 

 

„Ich bin hier bloß das Schaf“, sagt Charlotte, und dann ist sie noch nicht mal das einzige, sondern gehört zu einer ganzen Herde. Mit dieser Herde lebt sie auf dem Michl-Hof, zusammen mit der vierköpfigen Bauersfamilie, Hund, Katze, Kühen, Hühnern, Enten und einem Schwein. Ganz, wie man sich einen Bauernhof eben so vorstellt, völlig unabhängig davon, ob Landwirtschaft heute noch so ist oder nicht (ist sie in den meisten Fällen nicht).

Naja. Charlotte jedenfalls bekommt es im Verlauf der Handlung mit einem waschechten Kriminalfall zu tun: Zwei Lämmer sind plötzlich verschwunden, und die Hühner wollen Wölfe heulen gehört haben… Wer da an Leonie Swanns tollen Schafskrimi „Glennkill“ oder eher noch dessen Fortsetzung „Garou“ denkt, der hat völlig Recht. Im Grunde genommen ist es genau das, was Stohner geschrieben hat. Ein Schafskrimi, bloß halt für Kinder – und bloß halt ohne Swanns liebevollen Blick durch die Augen der Schafe, ohne ihren schrägen Humor und ohne ihre Poesie. Für Kinder ist das aber ja wahrscheinlich (noch) nicht so wichtig, und für sie bietet „Ich bin hier bloß das Schaf“ gerade das rechte Maß an Spannung, Auflösung und ein gutes Ende mit einer schönen „Moral“.

Wie das halt oft so ist mit Erfolgsrezepten und deren Fortsetzungen, so ist das „Schaf“ auch längst nicht so gut wie das vor einiger Zeit erschienene „Ich bin hier bloß der Hamster“ aus Stohners Feder. Entweder liegt es daran, dass man die Witze und Innenansichten und Blickwinkel auf den Menschen zum Großteil eben bereits kennt, wenn man ein zweites Buch aus einer solchen Serie liest, oder aber die Weltsicht eines Hamsters ist um einiges origineller als die eines Schafs (vielleicht ja auch einfach nur deshalb, weil es tatsächlich origineller ist, aus Sicht eines Hamsters zu schreiben, weil es eben „aus Schafssicht“ schon ein paar Geschichten gibt. Letzten Endes kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier die Idee und Popularität von Glennkill/Garou mit der Reihe „Ich bin hier bloß“ zusammengegossen werden. Wen das aber nicht stört bzw. wer die erstgenannten Bücher vielleicht auch gar nicht kennt, für den bietet sich hier ein schönes Lesevergnügen, denn gut geschrieben ist die Geschichte allemal.

Die Charaktere sind fein gezeichnet, mit mildem Humor und einem guten Auge für Details. Ganz besonders gut gefällt mir Rosi, die Bauernhofkatze, die mit ihrer typisch katzenhaften Überlegenheit dann richtig danebenliegt. Die teils drolligen, sehr ausdrucksvollen Schwarzweiß-Zeichnungen von Hildegard Müller tun ein Übriges dazu, das Buch sehr lebendig zu machen.

Bleibt nur noch zu sagen, dass Charlotte und ihre tierischen Co-Ermittler den Fall dann lösen (wenn auch die Menschen zugleich auch draufkommen – eine weitere Analogie zu Glennkill) und alles gut ausgeht.

Fazit: Zwar ist es weder „Glennkill“ noch „Ich bin hier bloß der Hamster“, doch macht „Ich bin hier bloß das Schaf“ beim Lesen durchaus Spaß. Gemeinsam beim Vorlesen (oder auch allein) kann man den vielen Ideen nachgehen, über die Tiere lachen und vielleicht ein bisschen in einem nostalgisch-verklärten Bauernhof-Bild schwelgen. Ganz nett also.

(Ab 8)

 

 

Friedbert Stohner:

„Ich bin hier bloß das Schaf“

Mit Illustrationen von Hildegard Müller

Hanser Verlag 2018

144 Seiten, 12 Euro

ISBN 978-3446258792

 

 

 

Leserfrage 136:

Ein Babar-Revival, warme Erinnerungen aus tiefster Kindheit. Können Sie mir mit Hintergrundinformationen zu "Babar" mit Blick auf die zwei neuen Bände dienen?

 

Antwort 136:

 

König Babar und der Imperialismus

Jean de Brunhoff: "König Babar" und "Familie Babar"

Von Sarah Kassem

 

Nach Die Geschichte von Babar dem kleinen Elefanten (2005), Babar auf Reisen (2005) und Babar und der Weihnachtsmann (2006) erschienen im Mai 2018 zwei weitere Babar-Bände im Diogenes Verlag: König Babar und Familie Babar.

 

Der Autor Jean de Brunhoff war Soldat im Ersten Weltkrieg und studierte danach Malerei in Paris. Seine Ehefrau Cécile erfand die Figur eines freundlichen Elefanten namens Babar für die Söhne, die diesen so wunderbar fanden, dass sie ihren Vater baten, die Geschichten zu illustrieren. Damit begann 1931 der Erfolg von Babar. Es gibt unzählige Bücher (sieben von Jean de Brunhoff und viele weitere von  seinem Sohn Laurent), Filme und Fernsehserien, die Babar zu einer Kultfigur machen – selbst im dörflichsten Jemen wurden die auf Arabisch synchronisierten TV-Folgen in den 80er Jahren ausgestrahlt. Die Figur ist inspiriert vom indischen Elefanten Baba, der sich Mitte des 19. Jahrhunderts als dressiertes Wundertier auf europäischen Jahrmärkten einen Namen machte.

 

Nachdem Babars Mutter von einem Jäger erschossen wird, flieht er in der Dschungel und landet schließlich in einer Stadt. Dort freundet er sich mit der Alten Dame an, die ihm neben Kleidung auch feine Umgangsformen und Bildung zuteilwerden lässt. Nachdem der König der Elefanten stirbt, wird Babar zum Nachfolger ernannt, denn er wuchs unter Menschen auf und ist dementsprechend zivilisiert. Er heiratet seine Cousine Celeste und gründet die Stadt Celesteville. Die Alte Dame zieht ebenfalls dorthin, steht dem gutartigen Diktator Babar als Beraterin zur Seite und hilft ihm in den Alltagsgeschäften.

 

Die wilden Elefanten werden zivilisiert, bekommen solide Arbeitskleider und dürfen sich im „Palast der Arbeit“ betätigen. Die Kinder baden und gehen zur Schule, wo sie von der lieben Alten Dame unterrichtet werden. Es werden Militärparaden abgehalten, alle sind glücklich und froh, sogar ein kurzes Intermezzo von Krankheit und Unglück wird erfolgreich überwunden. Am Ende von König Babar erfreut uns die Alte Dame mit folgender Weisheit: „Arbeiten wir mit Freude! Dann werden wir immer glücklich sein.“

 

Trotz der Niedlichkeit des freundlichen Königs und der süßen Zeichnungen kommt man nicht umhin anzumerken, dass die Figur und die Geschichten nicht gut gealtert sind. Im Jahre 2018 ist Babar nicht so angenehm für Auge und Ohr, wie er 1931 gewirkt haben mochte. Die reiche weiße Frau, die den wilden Elefanten kultiviert, der dann eine Stadt gründen darf, um seinen Artgenossen die feinen weißen Sitten beizubringen – das alles hat einen seltsamen Beigeschmack. Am laufenden Band findet man Indizien für Verherrlichung der „guten alten Zeiten“, sprich: Imperialismus, Neokolonialismus und Rassismus. Staatliche Büchereien in England gingen 2012 sogar so weit, dass sie Babar-Bücher aus den Regalen entfernen ließen (zusammen mit Hergés Tim im Kongo). Einige Geschichten aus Babar auf Reisen sind aufgrund stereotyper Karikaturen von Schwarzafrikanern offensichtlich rassistisch. Der chilenische Menschenrechtsaktivist Ariel Dorfmann nannte Babar „a lesson in colonialism with racist overtones“. Sogar Laurent de Brunhoff musste ihm beipflichten und sorgte persönlich dafür, dass die problematischeren Geschichten mit den anstößigeren Bildern aus dem Umlauf genommen wurden. Die Abenteuer von Babar sollte man als historisches Dokument betrachten, als pädagogisch wertvolle Kinderbücher sind sie weniger geeignet.

 

Ansonsten macht sich König Babar – im großformatigen Hardcover mit Halbleinen-Einband – schön im Bücherregal und ist ein wichtiger Vertreter der Kinderliteratur. Einzige formale Kritik an der Diogenes-Ausgabe ist die von Kurt Jenny entworfene kindliche Schreibschriftart, in der der Text gesetzt ist. Die Schrift macht einen albernen Eindruck und mindert die Lesefreundlichkeit.

 

Jean de Brunhoff: König Babar
Aus dem Französischen von Hans Manz

Diogenes Verlag 2018
Hardcover Halbleinen 
48 Seiten, 24 Euro 
ISBN 978-3-257-00586-8

 

Leserfrage 135:

Leseförderung durch Spaß am Lesen; haben Sie einen Vorschlag für Grundschüler?

 

Antwort 135:

 

 

Leselust

Nina Petrick: „Das Picknick im Wald“

Von Anne Spitzner

 

Die Zwillinge Lotte und Ben machen mit ihrem Papa einen Ausflug in den Wald. Sie sehen Rehe, hören Spechte und picknicken auf einem großen Stein – doch als sie sich auf den Rückweg machen wollen, wissen sie auf einmal nicht mehr, wo sie hergekommen sind…

„Das Picknick im Wald“ ist Teil der Reihe Lesedetektive aus dem Duden Verlag. Angegeben ist es als geeignet für die erste Klasse. Bei den Lesedetektiven gibt es immer wieder „Fälle“, die von den kleinen Lesern gelöst werden müssen, z.B. „Was ist eine Lichtung?“. Hier kann man dann zwischen verschiedenen Antwortmöglichkeiten auswählen und erhält die Lösung mit Hilfe eines Lesezeichens, das den Schlüssel beinhaltet.

„Das Picknick im Wald“ eignet sich sehr gut für kleine Leser, vor allem, wenn sie wie Lotte und Ben mit einem Elternteil (oder einem anderen Erwachsenen) unterwegs sind. Die hübschen Illustrationen und die kleinen Aufgaben zwischendurch lenken vom eigentlichen Sinn des Buches – dem Gelesenwerden – ein wenig ab, sodass auch Kinder, die dem Lesen noch nicht sehr viel Spaß abgewinnen können, sich mit dem Buch ein wenig länger als üblich auseinandersetzen werden. Und ohne, dass sie es merken, haben sie vielleicht hinterher ein wenig mehr Lust am Lesen als vorher.

 

Nina Petrick:

„Das Picknick im Wald“

Fischer Duden 2008

Geb., 32 Seiten, Euro 7,95

ISBN 978-3737335508

 

 

 

 

Leserfrage 134:

Kinder schreiben für Kinder - ein solches Projekt würde mich interessieren. Gibt es da ein Buch?

 

Antwort 134: 

 

Lebendiges Schillern

Thilo Reffert: „Goldgören“

Von Anne Spitzner

 

In „Goldgören“ erzählt Thilo Reffert „sieben Geschichten von zehn Kindern“. In seinem Vorwort erklärt er, dass es in diesen Geschichten hauptsächlich um die Beziehungen dieser Kinder zueinander geht, die für Menschen so seien wie für Fische das Wasser, in dem sie schwimmen.

Anschließend erzählt er z.B. von einem verlorenen Computerspiel und wie Pasquale seinem besten Freund Luis dabei hilft, es zurückzubekommen, oder von Hanne und Lilli, die ihre Mathe-Klassenarbeiten tauschen, damit Lilli zu Hause die richtige Note vorzeigen kann. Dabei wird es zuweilen fantastisch, wie bei Jannis, dessen Meerschweinchen plötzlich zu sprechen anfängt, sich als Alien entpuppt und behauptet, der gesamten Menschheit drohe die Vernichtung, weil sie so zerstörerisch mit dem Planeten umgeht. Die Geschichte von Grace und Toni handelt von Inklusionsschülern und dass es manchmal gar nicht so leicht ist, festzustellen, wer „speziell begabt“ und wer „normal“ ist. Ähnlich ist es bei Leonie, die noch ein Jahr in der Kita bleiben soll, während ihr Zwillingsbruder Leon schon eingeschult wird, und die doch so unbedingt zur Schule gehen möchte.

Die Geschichten sind witzig und lebensnah, saugen den Leser direkt in die Lebenswelt der Figuren hinein und lassen ihn die Welt so gut durch Kinderaugen sehen, dass man es höchstens einen winzigen Moment lang für unwahrscheinlich hält, dass z.B. ein Meerschweinchen sprechen kann.

Der aufmerksame Leser hat darüber hinaus noch so manches zu entdecken, kann etwa die Beziehungen der Protagonisten entschlüsseln (so ist Schmelle aus der vierten Geschichte ein Freund von Leon aus der dritten, und die Schwester von Luis aus der ersten Geschichte ist gleichzeitig die Freundin des großen Bruders von Jannis aus Geschichte Nr. 5, und so geht es immer weiter). Außerdem scheint Reffert ein Star-Wars-Fan zu sein (oder sehr gut zu wissen, dass viele Kinder es sind), denn es gibt mehrere Anspielungen auf die Sternenkrieg-Saga (etwa, wenn der Papa von Luke aus der zehnten Geschichte die berühmten Worte Darth Vaders spricht (die er so im Übrigen im Film gar nicht sagt)).

Besonders schön ist auch, dass die Kinder in den zehn Geschichten nicht alle gleich alt sind, sondern vom Kindergartenalter bis zur vierten Klasse reichen. Dabei versteht Reffert es wunderbar, die Unterschiede in den Freuden und Sorgen jeden Alters abzubilden (wie etwa bei Nick, der aufhört, an den Weihnachtsmann zu glauben), sodass sich auch ganz unterschiedliche Kinder in den Geschichten werden wiederfinden können.

So ist „Goldgören“ ein rundum empfehlenswertes Buch, das Spaß macht und in jeder einzelnen Geschichte von einer jener ganz besonderen Beziehungen erzählt, die für jedes Kind und jeden Erwachsenen so wichtig sind wie die Luft zum Atmen. Die Vorstellungswelt von Kindern verleiht diesen Geschichten ein lebendiges Schillern, das sie unwiderstehlich macht.

 

Thilo Reffert: „Goldgören“

Little Tiger 2014

Gebunden, 148 Seiten,  Euro 9,80

ISBN: 978-3931081973

 

 

 

 

Leserfrage 133:

Haben Sie eine Empfehlung für eine neue Reihe, mit der ich jetzt als Geschenk beginnen und sie dann fortsetzen kann (für meine gerade 13-Jährige Patentochter)?

 

Antwort 133: 

 

Riesenspannung

Carly Wilson:  “Myriad High - Was Hannah nicht weiß“

Von Susan Müller

 

Die Freundinnen Hannah, Chloe und Sophie werden ab jetzt ein Zimmer im Internat der Myriad High beziehen. Das ist eine der mit Hightech am besten ausgestatteten Schulen überhaupt. An deren Entwicklung ist Hannahs Vater nicht unwesentlich beteiligt. Diese Ausbildungsstätte ist eigentlich auch nur für Kinder gedacht, deren Eltern hier arbeiten. Hannahs Vater ist völlig unerwartet an einem Herzinfarkt gestorben. Zumindest ist dies die offizielle Version. Erstaunlich ist, dass sich Schüler wie Evan und Ryan an der Schule befinden, die keine berufstätigen Eltern an der Myriad haben. Welche Geheimnisse haben sie zu verbergen?

Spannung in dem Buch „Myriad High“ ist nicht nur durch unbekannte Hintergründe wirkungsvoll entfaltet, sondern auch durch Gefühle, wie sie die Altersgruppe der 12- bis 14-Jährigen Mädchen durchleben.  Ist Matt ist Hannahs Freund  - oder war er es und will es nicht mehr sein? Leider ist es in den Ferien still um ihn geworden, so dass Hannah befürchten muss, sein Interesse ist erloschen. Auch ihn umhüllt ein Geheimnis, über welches er scheinbar nicht mit Hannah reden kann. Von Matt missachtet, schleicht sich immer öfter Ryan in Hannahs Gedanken, dessen Laptop sie gleich am ersten Tag zu Schrott gefahren hat - mit ihrem E-Auto, von denen jeder Schüler auf Myriad eines sein eigen nennt. Wenn da nicht Alyssa wäre:  hübsch, sehr hübsch, aber überaus durchtrieben.  Sie macht Hannah von Anfang an Schwierigkeiten. Sie gehört zu den gemeinen Schülern und umgibt sich mit Caitlin, die auch nicht besser ist. Kriminelle Aktionen gegen Matt lassen erschaudern und ziehen die jugendlichen Leser immer wieder in das Buch hinein.  Hannah findet Erdnüsse in ihrer Nähe, obwohl sie eine gefährliche Erdnussallergie hat. Ein toller Lehrer und Matt werden via Internet bloß gestellt. Wer steckt dahinter?  Ryan gerät in Hannahs Verdacht als sie über dessen Ausweis seine wahre Identität herausfindet. Doch dann verschwindet eine Mitschülerin, die sich verbotenerweise vom Gelände gestohlen hat. Nur ihr Auto wird gefunden. Tief taucht man ein in die Welt von Myriad High; eine gut ausgewählte Konkurrenz zu den Filmserien, die nicht ganz so zielgruppengerecht ansprechen wie diese Reihe, die mit diesem Einstand wunderbar eröffnet ist. Absolut mysteriöse und spannend gehaltene Episoden um die Schüler von Myriad machen das Buch zu einer wunderbaren Lektüre, und der Leser wartet durch das offene Ende mit Riesenspannung auf Band 2.

(ab 12)

 

Carly Wilson:  

“Myriad High - Was Hannah nicht weiß“

Taschenbuch, 256 Seiten, Euro 9,95

dtv 2017

ISBN 978-3423740319

 

 

 

 

Leserfrage 132:

Ich weiß, meine Frage ist im Büchermeer etwas  global, aber ich suche ein spannendes Buch, das auch ein wenig zu Nachdenklichkeit anregt,  das junge Jugendliche ab 12 dazu bringt zu merken, dass auch Bücher so gut wie Filme sein können – wenn nicht besser….

 

Antwort 132:

 

Unterhaltsames Roadmovie mit nachdenklichen Zwischentönen

Pascale Maret: „Mich kriegt ihr nicht“

Von Anne Spitzner

 

Harrison Travis sitzt in einem US-amerikanischen Gefängnis und erzählt sein Leben. Er ist zwar erst neunzehn Jahre alt, aber das ändert nichts daran, dass er viel zu erzählen hat.

Harrison verbringt seine Kindheit auf Maillico, einer kleinen Insel vor der Küste des US-Bundesstaates Washington. Seine alkoholsüchtige Mutter lebt in einem Wohnwagen und vernachlässigt ihren Sohn so sehr, dass er mit neun Jahren den Nachbarn eine Pizza stiehlt, weil er Hunger hat, und später zum Beispiel Kleidung, weil er nicht mehr von seinen Schulkameraden ausgelacht werden will. Seine kriminelle Karriere geht im Großen und Ganzen so weiter: Er nimmt, was er gerade braucht, bricht als Teenager in leerstehende Ferienhäuser ein und verbringt dort einen Winter, in dem er sich vor der Polizei versteckt. Als die ihn dann schließlich doch fasst, bricht er aus dem Jugendgefängnis aus und reist auf seiner Flucht einmal quer durch die ganzen USA.

Das Leben und die Flucht von Harrison Travis beschreibt Pascale Maret in ihrem Buch „Mich kriegt ihr nicht“. Wer bei der Geschichte – und auch beim Titel der deutschen Übersetzung – unweigerlich an „Catch me if you can“ denken musste (wie übrigens auch ich), dem sei gesagt, dass der Roman tatsächlich auf einer wahren Geschichte beruht, allerdings auf der von Colton Harris-Moore, der im Augenblick in einem US-amerikanischen Gefängnis einsitzt und während seiner Flucht ein Star in den sozialen Medien geworden ist. Der inzwischen als Barfuß-Bandit bekannte Harris-Moore hat seine Geschichte inzwischen an 20th Century Fox verkauft und will das Geld, da er selbst nichts daran verdienen darf, zur Entschädigung seiner Opfer nutzen.

Maret erzählt die Geschichte von Harrison Travis aus der Ich-Perspektive und in einer Sprache, die man vor dem Hintergrund seiner Biographie größtenteils erwarten würde. Sie klingt mehr nach gesprochener als nach schriftlicher Sprache, und so hat man beim Lesen manchmal das Gefühl, das direkte Gegenüber ihres Protagonisten zu sein. Man hört (bzw. liest) die Rechtfertigungen und Begründungen für seine Taten, liest mehr zwischen den Zeilen heraus, was für eine furchtbare Kindheit er gehabt haben muss, und wird unweigerlich mitgerissen, wenn er für seine große Leidenschaft, das Fliegen, schwärmt. Das wird ihm übrigens ebenso zum Verhängnis wie seinem realen Vorbild: Er legt einen Teil seiner Flucht in gestohlenen Flugzeugen zurück, hat sich selbst beigebracht, wie man fliegt – nur die Landungen gehen dabei meistens schief.

Wunderbar versteht es Maret, das Bild eines Jungen zu malen, der von Tag zu Tag lebt, weil er nie gelernt hat, weiter vorauszuplanen als für die nächsten paar Stunden oder Tage, und die Achterbahnfahrt zwischen jubelndem Enthusiasmus und später einsetzender Reue einzufangen. Der echte Barfuß-Bandit soll mal gesagt haben, es dauere Jahre, bis man sich von einem Verbrechen erhole, das über Nacht geschah.

Fazit: „Mich kriegt ihr nicht“ von Pascale Maret ist ein spannendes, unterhaltsames Roadmovie mit nachdenklichen Zwischentönen. Auch, wenn man vornherein weiß, wie es ausgeht, fiebert man mit, und selbst, wenn man das Buch nach der letzten Seite zugeklappt hat, lässt einen die Geschichte darin noch lange nicht los.

(Ab 12)

 

Pascale Maret:

„Mich kriegt ihr nicht“

Aus dem Französischen von Anna Taube

Mixtvision Verlag 2014

Gebunden, 220 Seiten, Euro 12,90

ISBN  978-3944572123

(auch als Taschenbuch erhältlich)

 

 

 

 

 

Frage 130:

Da ich in den Buchläden vergeblich nach etwas suche, das ich mit meinen Enkeln lesen, anschauen, vor allem aber als Gesprächsanregung nutzen kann, bitte ich um einen Tipp!

 

Antwort 130:

 

Zwischen Aufbruch und Heimkehr

Roswitha Moralic: Am Anfang war der Gesang

Von Julia Schwarz

 

In Abwandlung des Bibelwortes ist der kreative Titel des Gedicht- und Kunstbandes „Am Anfang war der Gesang“. Einzig das Format des Buches – es ist quadratisch- ist noch mit einem Oberbegriff zu erfassen; im Inhalt erschließt sich eine bunte Welt, die sich vor den Augen der Leser auf wundersame Weise entfaltet. Programmatisch ist der Start ins Buch: „Ich war einmal eine, die fragte unentwegt“. Zum Fragen lädt die Autorin Roswitha Moralic, die auch im Kinderbuchbereich vertreten ist und mit diesem Buch ein Werk für alle Generationen vorlegt, nun auch die Leser ein. Sich darauf einzulassen, erscheint schwer, aber das Buch öffnet einem neue Perspektiven. Es ist inspirierend, wie Text und Bild zum Nachdenken und Ideen sprudeln lassen verführen. Die Gedanken werden auf Reisen geschickt, das Gemüt gerät in Bewegung und wird von der der Dichterin eigenen, poetischen Sprache, die aus dem Alltag gespeist ist, aufgefangen. Großeltern oder Eltern könnten das Buch vorlesen und so ins Gespräch mit den Kindern kommen. Aber für sich selber seine Erlebnisse zu rekapitulieren, das geht hiermit auch! Das ständige Wechselspiel, ja, der Widerspruch zwischen Aufbruch und Heimkehr entführt in ein spannungsgeladenes Leben. Ein Beispiel: Roter Hintergrund, farblich herrlich erschaffen und kontrastierend zum schwarzen Vogelschwarm gesetzt; dazu die Assoziation zum Meer – ins Unendliche ziehen, mit der untergehenden Sonne. Das habe ich beim Betrachten intensiv gefühlt. Aber sehen Sie selbst!

 

Roswitha Moralic:

"Am Anfang war der Gesang"
Hardcover, mit zahlreichen Illustrationen

Pandora Verlag 2016

53 Seiten, 13 Euro
ISBN 978-3-9814260-8-3

 

 

 

 

Frage 129:

Ich suche für meine Kinder ein Hörspiel, das ihnen die Musik und Instrumente spielerische näherbringt.

 

Antwort 129:

 

Kombination aus Klavierspiel und mit Verve und Witz vorgetragener Lesung

Sylvia Schreiber: „Professor Dur und die Notendetektive: Das Klavier“

Gelesen von Matthias Haase

Von Anne Spitzner

 

Professor Coppelius Dur ist ein komischer alter Kauz. Er lebt alleine und verbringt die meiste Zeit des Tages in seiner Werkstatt, in der er Instrumente baut. Eines Tages aber schießen die Geschwister Lotte und Lasse aus Versehen einen Ball in die Werkstatt von Professor Dur, der da gerade an einem Klavier baut, und freunden sich mit ihm an. Anschließend sind sie öfter bei ihm zu Besuch und entdecken dabei sowohl die sprechende Ratte Rigoletto, das Haustier des Professors, als auch einen alten und geheimnisvollen Flügel. Schließlich offenbart ihnen Coppelius Dur, dass man mit Hilfe des Flügels in die Vergangenheit fliegen kann, und nach langer Überredung schickt er Lotte, Lasse und Rigoletto im Klavier in die Werkstatt des berühmten Klavierbauers Henry Steinway, der damals noch als Heinrich Steinweg in Seesen im Harz lebt. Steinweg hält die Geschwister für seine neuen Hilfsarbeiter und setzt sie kurzerhand bei der Fertigstellung seines neuesten Klaviers ein.

Das Hörspiel „Professor Dur und die Notendetektive – Das Klavier“, wunderbar in Szene gesetzt von Matthias Haase und untermalt von Klavierstücken, bietet Kindern, aber auch Erwachsenen, die Möglichkeit, in ein unterhaltsames (wenn auch an einigen Stellen gar zu einfaches) Abenteuer einzusteigen und dabei ganz nebenbei noch eine Menge Wissen über Klaviere, Klavierbau oder Musik zu erwerben. Der Plot bietet (wenn man Zeitreisen mit einem magischen Klavier und eine sprechende Ratte mal als gegeben voraussetzt) wenig Überraschendes, und eins fügt sich an so mancher Stelle mit kindlicher Einfachheit ins andere (beispielsweise wechselt das magische Klavier beim Eintritt in eine andere Zeit praktischerweise auch die Kleidung der Reisenden, sodass sie zu den aktuellen Gepflogenheiten passen; dafür aber gibt es an anderer Stelle einen Räuber, der schreiben kann). Dafür aber ist die Kombination aus Klavierspiel und der mit Verve und Witz vorgetragenen Lesung Matthias Haases unwiderstehlich. Man genießt das etwa eine Stunde dauernde Hörspiel, und am Ende hat man auch noch gelernt, wie ein Klavier aufgebaut ist und wie es funktioniert.

 

 

Sylvia Schreiber:

„Professor Dur und die Notendetektive: Das Klavier“

Gelesen von Matthias Haase

Igel Genius 2014

Euro 12,99

ISBN 978-3731310600

 

 

 

 

Frage 128:

Für meine Tochter suche ich ein schönes Buch mit Liedern zum Mitsingen, damit sie sich auf der Reise in den Urlaub gut beschäftigen kann.

 

Antwort 128:

 

Macht Spaß

Richard Oehmann: Wolfi, der Musketier

Von Anne Spitzner

 

Wolfi besitzt ein Haus und lebt von der Miete, die seine vier Untermieter ihm zahlen. Aber er ist so nett zu seinen Vermietern, dass sie ihm vor lauter „kleinen Anliegen“ keine Zeit mehr für seine Träume von Heldenruhm und Musketieren lassen. Eines Tages jedoch liest Wolfi eine Anzeige in der Zeitung, laut der der König ein Musketier sucht, und macht sich auf den Weg ins Schloss. Doch das Musketier-Dasein läuft ein bisschen anders, als Wolfi sich das vorgestellt hat, und das liegt nicht nur an Sandra, seinem sprechenden Halbzebra (oder auch Pfebra)…

Richard Oehmanns „Wolfi, der Musketier“ ist ein Buch zum Mitsingen. Es enthält eine CD mit fünf Liedern seiner Band „Café Unterzucker“, deren Texte Bestandteil der Geschichte um Wolfi und Sandra sind. Sandra ist ein sehr musikalisches Pfebra und singt Wolfi immer wieder etwas vor, um ihm sein Musketier-Dasein erträglicher zu gestalten, und je länger sie gemeinsam unterwegs sind, desto mehr singen die beiden gemeinsam.

Die Geschichte um Wolfi und Sandra macht Spaß, auch wenn die Reime in den Liedern häufig nach Schema F oder dem Motto „Reim dich, oder ich schlag dich“ ablaufen. Die Welt, in der Wolfi und Sandra unterwegs sind, ähnelt unserer in vielerlei Hinsicht, aber dann auch wieder nicht (allein die Tatsache, dass es Länder wie Schmexiko gibt, sagt da schon alles). Die fantasievolle Erweiterung unserer Welt verändert den Blickwinkel und lässt unser Alltagsleben aussehen, als wäre es Bestandteil eines Märchens. „Wolfi, der Musketier“ eignet sich auch gut zum Vorlesen, vor allem auch sehr gut zum gemeinsamen Singen der Lieder. Die Geschichte des knurrigen Mannes, der mit seinem Leben unzufrieden ist, weil es ihm keinen Platz für seine Träume bietet, ist trotz aller märchenhaften Anklänge mitten aus dem Leben gegriffen, und vielleicht kann sich auch mancher Erwachsener darin wiederfinden. Und sich dann wünschen, dass er am Ende auch einfach so in die Welt hinauswandern kann wie der Musketier Wolfi und sein braves Pfebra Sandra…

 

Richard Oehmann:

Wolfi, der Musketier

August Dreesbach 2012

ISBN 978-3940061836

96 Seiten, Euro 18,60

 

 

 

 

Frage 127:

Ich suche ein fröhliches, aber nicht zu leichtes Sommerbuch, das sowohl von Kindern als auch von Erwachsenen gelesen werden kann.

 

Antwort 127:

 

Eine Welt voller Wunder

Polly Horvath: Unser Haus am Meer

Von Anne Spitzner

 

Jane Fielding lebt mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und ihren beiden Brüdern am Meer, in einem alten Haus ohne Telefonanschluss. Ihre Mutter ist Dichterin, hat einige Bücher veröffentlicht und wenig Geld. Die Fieldings leben von, in und  mit der Natur, und in den langen Schulferien verbringt Jane einen Sommer, den man sich kaum traumhafter vorstellen kann: Am Meer, mit ihren Geschwistern, vollkommen frei.

Doch in diesem Sommer ist etwas anders: Jane ist auf der Suche nach Abenteuern. Und sie wird sie bekommen, mehr, als sie sich träumen lässt. Die Verwicklungen, in die sie aufgrund dieser Abenteuer gerät, sind schräg und spannend. Polly Horvath beschreibt mit einem unbestechlichen Blick für Details und viel Einfühlungsvermögen einen Sommer, der zwischen Kindheit und Jugend liegt, in dem die Kindheit unwiderruflich zu Ende geht, mit all der Freude und Trauer, die das mit sich bringt. Der Sommer verändert Jane und ihre ganze Welt, sie nimmt ihre Welt anders wahr und lernt zum ersten Mal, dass man nicht alles mit seiner Familie teilen kann, nicht jedes Abenteuer, nicht jedes Erlebnis. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge beobachtet man Jane bei ihren „Abenteuern“: Sie wird hereingelegt und ausgenutzt, aber sie erlebt auch Unvergessliches. Als sie am Ende klüger ist, weiß man als Leser genauso wenig wie Jane, ob es denn nun besser ist, klüger zu sein oder alles zu glauben, was einem erzählt wird. Aber genauso wenig wie Jane kann man sich für eine Alternative entscheiden, denn der Sommer ist vorbei, und nichts wird mehr so sein wie vorher…

Polly Horvath hat mit „Unser Haus am Meer“ erneut ein wundervolles Buch geschrieben, eine wundervolle Geschichte erzählt, für Kinder genauso wie für Erwachsene. Kinder finden sich darin wieder, und erwachsene Leser können über Janes halbe Kinder-, halbe Erwachsenengedanken schmunzeln und ein wenig melancholisch der Zeit nachtrauern, in der sie auch mal alles geglaubt haben und die Welt voller Wunder war. Viel zu trauern gibt es allerdings eigentlich nicht. Jane jagt von einem Abenteuer ins nächste, die Dinge überschlagen sich, und wenn man das Buch zuschlägt, würde man es am liebsten gleich nochmal aufklappen und den Sommer von vorn beginnen…

 

Polly Horvath:

Unser Haus am Meer

bloomoon 2011

ISBN 978-3-9814260-5-2

256 Seiten, Euro 14,90

 

 

 

 

Frage 126:

Ich suche ein Buch, das mit allen Genres spielt: Liedern, Bildhaftigkeit und Prosa für Kinder.

 

Antwort 126:

 

Für den Dialog zwischen den Generationen

Roswitha Moralic: „Das Mutprobe-Spiel - Eine Märchenstunde mit den Springinsfeld-Spielen“

Von Lisa-Marie Prieß

                                                                              

Eingeladen von einem Grafen, kommen Kinder und ihre Eltern zusammen auf ein Schloss, um sich einer Mutprobe zu unterziehen. Eine sehr spezielle Mutprobe: Jeder wird aufgefordert, seine Erlebnisse und Erinnerungen aus dem „rot-blau-gelben-Krieg“ zu erzählen, mit Hilfe einer Theatergruppe. So gestaltet sich das Ganze als ein Theaterstück, in dem jeder sich selbst spielt und längst Vergessenes wieder in das Bewusstsein kommt.

 

Das Stück zeigt, wie wichtig der generationenübergreifende Dialog ist, ja, wie wichtig es ist, über die Vergangenheit zu sprechen, sie nicht zu verdrängen. Trotz des ernsten Themas behält das Stück immer einen feinen Witz, eine Spur Humor und fesselt so Kinder wie auch Erwachsene.

Das sehr kunstvoll gestaltete und schön gebundene Buch lässt der eigenen Phantasie genug Freiraum und motiviert zu Kreativität. Schon beim Lesen bekommt man Lust, dieses Stück im Stück selbst aufzuführen, eigene Ideen mit einzubinden und natürlich die Musikstücke, die den Text untermalen sollen, zu hören.

 

Das Buch ist ein Gesamtkunstwerk. Einzeln eingestreute Bilder, das Stück selbst und die Noten zu den Liedern tragen dazu bei. Auch ist es schön in der Hand zu halten. Großes Format, Hardcover und gutes Papier steigern das Lesevergnügen. Die Typographie ist aufgelockert und so für Kinder angenehm zu lesen, die eigenen Ideen können auf den immer mal eingestreuten, leeren Seiten gleich umgesetzt werden.

Die Sprache ist reichhaltig und nicht (wie derzeit häufig in Kinderbüchern zu finden) stark vereinfacht, ein großer Wortschatz gibt dem Ganzen einen hohen literarischen Wert.

 

Bücher, die das Künstlerische über das Verkäufliche, das Normale stellen, sind auf dem Kinderbuchmarkt selten geworden. Gut, dass es ein Buch wie dieses gibt, das Kunst, Kreativität, Phantasie und Sprache in den Vordergrund rückt!

 

 

Roswitha Moralic:

"Das Mutprobe-Spiel"

Verlag Pandora

ISBN 978-3-9814260-5-2

344 Seiten, Euro 22,00

 

 

 

 

 

Frage 125:

Und wieder ein Rick, schon Rick 6. Nachdem ich von Serien eigentlich immer enttäuscht bin (wie ist "Greg" nur bergab gegangen...), würde ich gern hören, ob Librikon diesen Band empfiehlt.

 

Antwort 125:

 

Nicht auf den ersten Blick

Antje Szillat:"Rick 6: Shit happens!"

Von Anne Spitzner

 

In Ricks zusammengewürfelter Patchworkfamilie hängt der Haussegen schief. Sein Pa und dessen Freundin Linda streiten sich andauernd, und Ricks sonst so entspannter Vater ist ohnehin in letzter Zeit nicht besonders gut drauf. Er streitet sich mit Ricks Oma Mary, weil sie sich eine Harley gekauft hat, und der Gipfel der Ungekanntheiten ist der Hausarrest, den er Rick nach einem seiner Streiche aufbrummt. Hausarrest! Rick, der es doch nur gut gemeint hat, als er die überzähligen Zwerg-Angorakaninchen seiner Nachbarin im Zoo aussetzen wollte, ist empört über so viel steinzeitliche Ungerechtigkeit. Und dann wird er gemeinsam mit seinem Stiefbruder und Kumpel Finn auch noch zum Ausmisten im Zoo verdonnert. Aber bei der dicken Luft, die im Moment daheim herrscht, ist ihm das eigentlich gar nicht so unrecht…

Mit „Shit happens“ legt Antje Szillat den inzwischen sechsten Band ihrer Reihe um den Teenager Rick Michalski vor. Eine Art „Vollidiot“ für Jugendliche, denn Rick hat so viel Unsinn im Kopf, dass man sich manches Mal verzweifelt gegen die Stirn schlagen möchte – ganz wie sein erwachsenes Pendant Simon Peters. In lässiger Jugendsprache sprechend schildert Rick seine Abenteuer aus der Ich-Perspektive, und manchmal kann man so gar nicht verstehen, warum er sich jetzt zu dieser oder jener Handlung hinreißen lässt. Wenn man allerdings noch in der Lage ist, sich an seine eigene Teenager-Zeit zurückzuerinnern, wird man wahrscheinlich feststellen, dass es einem damals öfter ähnlich ergangen ist.

Ricks Familienverhältnisse erschließen sich einem „Neueinsteiger“ nicht auf den ersten Blick. Ich persönlich finde das sehr reizvoll, denn in anderen Fortsetzungsbänden gehen mir die häufigen Verweise auf vorangegangene Geschichten, die man bereits kennt und möglicherweise erst vor kurzem gelesen hat, sehr auf die Nerven. Allerdings ist es deshalb ratsam, nicht mitten in der Reihe anzufangen, sondern tatsächlich mit Band 1. Falls man doch aus irgendeinem Grund "mittendrin" anfängt, hilft ein Blick auf die Webseite der Autorin bei der Klärung der Familienverhältnisse weiter.

Die Sprache, in der Szillat ihren Protagonisten denken und reden lässt, beinhaltet einige genial lustige Worterfindungen (wie „laserstrahlgefährlich“ für die Augen der wütenden Nachbarin“), schießt aber an einigen Stellen auch über das Ziel hinaus (wie etwa der Abschnitt: „[… Sie] klang null stinkig. Nur derbe enttäuscht. Und das fühlte sich gerade extrem übel an.“).

Insgesamt bleibt von „Shit happens“ vor allem eines hängen: Wenn man es gut meint, kann man den größten Mist bauen, den man will – am Ende wird alles irgendwie okay. Und Spaß hat man beim Lesen obendrein noch.

(Ab 10)

 

Antje Szillat:

 "Rick 6 - Shit happens"

Coppenrath 2013

ISBN 978-3649612896

176 Seiten, Euro 9,95

 

 

Die Rezensentin schreibt u.a. auch Bücher für Kinder und Jugendliche.

 

 

 

 

Frage 124:

Meine Tochter wird auch von ihren Lehrern offen als Außenseiter bezeichnet, sie tun nichts für ihre "Integration" und sehen in ihr ein Mobbingopfer der Zukunft, wenn sie sich nicht verändert. Die Welt und die Literatur ist voller Sonderlinge - zum Glück! Haben Sie einen Kinderbuchvorschlag? 

 

Antwort 124:

 

Auf der Seite der Sonderlinge

Saskia Hula: „Kaninchentage“

Von Bettina Meinzinger

 

Den Punk, der sich im Park Zigaretten dreht, findet sie so hässlich wie seinen Hund, Inji-Yoo, ihre neue Klavierlehrerin mit den bunten Haarsträhnen und den Ringelstrumpfhosen allenfalls noch „witzig“ und die unkonventionelle Mutter ihrer besten Freundin Mo sowieso untragbar. Ist Amanda Brilowatz, die gerade auf das Gymnasium gewechselt ist, etwa auf dem besten Weg eine Normcore-Jugendliche zu werden? Amanda ist in ihrer Klasse zwischen all den Lenas und Lauras selber ein Sonderling, wird von den anderen Brillenschlange gerufen oder ignoriert. Vieles ändert sich, als Mo mit ihrer Mutter auf einen Biobauernhof in Spanien zieht und Amanda, jetzt auf sich allein gestellt, auf Happy, Mos Kaninchen, aufpassen muss. Da Amandas Eltern keine Haustiere erlauben, versteckt sie Happy im Hof einer leerstehenden Wäscherei. Außerdem ist da noch das Schul-Musical, für das Amanda der Band zugeteilt wird, immerhin spielt sie einigermaßen gut Klavier. Doch dann verschwindet Happy, ihre Schulkameradin Lena Käuzchen schlägt sich während einer Rangelei einen Zahn aus, ihre Mutter findet Papa zu dick, jemand versteckt ihre Brille und Lieblingstante Linda kündigt an, nicht zur Musical-Premiere kommen zu können. Als sie und Laila, das andere eigentlich ziemlich nette Mädchen aus ihrer Klasse, im Keller der Wäscherei eingesperrt werden und Amanda vor lauter kleineren und größeren Problemen, die draußen auf sie warten, kein Land mehr sieht, naht Hilfe von unerwarteter Seite. Vielleicht ist Amanda ja doch cooler, als wir und sie dachten?

Autorin Saskia Hula zeigt, dass keine Familie perfekt ist und schlägt sich auf die Seite der weniger beliebten Schulkinder, die im richtigen Umfeld aber anfangen aufzublühen.

(Ab 10)

 

 

Die Rezensentin ist als Redakteurin und Lektorin tätig.

 

 

 

Frage 123:

Haben Sie ein Buch, dass Klassenzimmer und Unterrichtsatmosphäre einmal anders, lustig und ganz nah am Spaß des Kindes buchstabiert? Ich erhoffe mir davon, meinem Kind durch eine neue, freudige Perspektive das Elend im täglichen Schulstress zu erleichtern. 

 

 

Antwort 123:

 

 

Der junge Referendar Leo Twister ist eigentlich selbst noch nicht erwachsen: Er wohnt noch bei Mama, seine Hobbys sind Computerspiele und Asterix-Comics und, so viel ist selbst den Schülern der 2b klar, „gedingst“ hat er auch noch nie. Doch gerade deshalb mögen ihn Tobias und seine Klassenkameraden und -kameradinnen sehr viel lieber als die alte Lehrerin, die ein Baby erwartet. „Mister Twister“, wie er genannt wird, fühlt sich wohl in der grauseligen Klassenzimmeratmosphäre aus Schinkenbroten, Rülpswettbewerben und auf dem Boden verstreuten Papierschnipseln. Bock auf Diktat und Einmaleins haben weder er noch die Klasse. Statt Unterricht werden Witze erzählt und Rätselspiele gemacht, dafür bringt er ungewohntes Verständnis für die Probleme seiner Schüler mit, die oft auch seine eigenen sind. Als Alfons Kugelmeier seinen Besuch ankündigt, um die Leistung des Referendars zu begutachten, muss Leo Twister doch lernen, durchzugreifen – allerdings meistern er, Tobias, Raffa, Merle und die anderen die Situation auf ihre ganz eigene Art und Weise.

(Ab 6)

 

 

Mirjam Oldenhave:

"Mister Twister und das verflixte Klassenzimmer"

Coppenrath Verlag 2013

96 Seiten, Euro 8,95

ISBN:9783649605911

 

 

 

 

 

 

Frage 122:

Gerade vor Festivitäten, zu denen alle mit Zeug sich gegenseitig überschütten, würde ich mit meinen kleinen Kinder gern ein Bilderbuch ansehen und lesen, dass die Frage nach dem „Zuviel“ stellt.

 

 

Antwort 122:

 

„Simplify your life“ fürs Kinderzimmer

I.C. Springman / Brian Lies: “Mehr ... immer mehr“

Von Bettina Meinzinger

 

Was ist wenig, was genug und was zu viel? Eine Frage, die sich wohl jeder, auch in Bezug auf den ganzen Krimskrams, den man im Laufe der Jahre so akkumuliert, stellt. Im Bilderbuch „Mehr ... immer mehr“ stoßen wir auf eine diebische Elster. Zu Anfang hat sie nichts – zugegeben, das ist wenig. Ihre Bekannte, die Feldmaus, reicht ihr eine bunte Glasmurmel, schon hat sie etwas. Nicht schlecht, denkt die Elster und sammelt mehr und mehr. Einen roten Legostein. Eine Münze. Einen Schlüsselbund. Und und und. Jetzt hat sie viel. So viel, dass ihr Nest unter der Schwere ihrer Kostbarkeiten den Ast, auf den es gebaut ist, zum Knicken bringt. Und wumms, das ganze schöne Zeugs liegt auf dem Boden! Der kleine Leser hat nun Zeit, einen forschenden Blick in das Nest des Vogels zu werfen und zu gucken, was er noch so alles darin verstaut hat. Die Maus allerdings ist skeptisch. Genug, nein, mehr als genug hat die Elster, die erst mal unter der Fülle ihrer Besitztümer begraben wird. Stück für Stück wird das eigentlich doch Unnütze und Überflüssige weggetragen. Als nur noch das wirklich Wichtige übrig ist, kann auch die Elster wieder lachen. Denn sie hat genug und vor allem einen guten Freund, die Feldmaus.

Ein lehrreiches „Simplify your life“ fürs Kinderzimmer, in dem es Allerlei zu entdecken gibt.

 

 

I.C. Springman:

„Mehr ... immer mehr!“

Mit Illustrationen von Brian Lies

Anette Betz Verlag 2013

40 Seiten, Euro 16,95

ISBN: 9783219115550

 

 

 

 

 

Frage 121:

Ich bin Lesepate und suche ein amüsantes Buch für Grundschulkinder, das aber dennoch Qualitäten hat und vor allem lebensnah und leicht verständlich ist.

 

Antwort 121:

 

Unkomplizierte Schlichtheit

Cornelia Franz: "Der Luis und ich"

Von Steffen Wunder

 

Luis wünscht sich zu seinem fünften Geburtstag ein Kaninchen. Wie der dumme Zufall es will, verspricht ihm sein Vater aus Versehen, diesen Wunsch zu erfüllen. Weil auch Luis Schwester Carlotta ein Kaninchen bekommen soll, treffen am ersehnten Tag zwei der kleinen Nager bei der Familie ein. Doch bald stellt sich heraus: Es handelt sich nicht, wie bisher gedacht, um zwei Männchen, sondern um ein Pärchen. Da sie keine Babys bekommen sollen, müssen sie Luis und Carlotta zum Tierarzt bringen. Doch da sie nicht wissen, was eine Narkose bei ihren Lieblingen auswirken könnte, entscheiden sie sich in letzter Sekunde um. Und da ist auch noch die Sache mit dem Saubermachen des Stalls. Carlotta vergräbt die abfallenden „Produkte“ immer heimlich im Sandkasten in der Hoffnung, dass es niemand merkt. Als würden zwei Kaninchen nicht genug Ärger bereiten, kommt zur Krönung der Tag, an dem die beiden Junge bekommen. Das dürfen die Eltern von Carlotta und Luis auf keinen Fall erfahren! Somit ist das Chaos erst einmal perfekt.

Die Story klingt zunächst nach sehr viel Stress, doch vor allem bietet sie eines: viel Spaß. Denn würde alles im Leben perfekt verlaufen, wäre es langweilig. Die Geschichte ist clever und hat viele witzige Ideen, ohne dabei alltagsfremd oder überzogen zu wirken. Vor allem durch unkomplizierte Schlichtheit ist die Geschichte sehr ansprechend und auch für jüngere Leser zugänglich, da der Handlung gut zu folgen und sie leicht zu verstehen ist. Auch die Sprache ist einfach, aber dennoch witzig und spannend, sodass das Lesen immer Spaß macht. Mit dem Thema Geschwister können sich viele Kinder identifizieren. Auch der Wunsch nach eigenen Haustieren kommt wohl bei jedem Kind einmal auf. Das Buch versetzt auch erwachsene Leser in die kindliche Freude, sich um ein eigenes Tier zu kümmern. Darüber hinaus ist die Alltagswelt der Kinder treffend und glaubhaft beschrieben und mit einigen witzigen Pointen aufgepeppt.

Das Buch eignet sich sowohl für Leseanfänger und Fortgeschrittene als auch zum Vorlesen. Eltern und Kinder dürften gleichermaßen Spaß an der lebendigen Story von Cornelia Franz und an den bunten, fantasievollen Illustrationen von Annette Svoboda haben.

(Ab 6)

 

 

Cornelia Franz:

"Luis und ich"

Mit Bildern von Annette Svoboda

rororo 2011

128 Seiten, antiquarisch zu beziehen

ISBN 978-3499215926

 

 

Frage 120:

Ich benötige ein Buch für eine Dreizehnjährige - meine nette Patentochter, die sich mit Fragen rund um Pubertät beschäftigt.

 

Antwort 120:

 

Dieser süße Typ ...

Heidi Adibi: „Tatsächlich 13“

Von Susan Müller

 

Henriette (genannt Henry) ist eine angehende Wissenschaftlerin, jedenfalls wünscht sie sich das sehr. Und um früh genug damit zu beginnen, schreibt sie einen Blog im Internet. Als ihr die Irren und Wirren der Pubertät im Alltag so langsam selbst begegnen, scheint ihr es Anlass genug, in diese Richtung Forschungen zu betreiben und das Verhalten in dieser Zeit zu hinterfragen. So kommen auch Veränderungen an ihrem Körper ins Spiel und sie fragt ihre Leser, warum man das alles durchmachen muss. Außerdem fragt sie, warum sich Eltern manchmal so anstellen und so verhalten, wie sie sich eben verhalten – meist peinlich. Ihre Mutter ist eine Vertreterin von Körnerkost und fettfreier Ernährung, was Henry und ihre Geschwister nicht immer amüsiert. Das kann aber Oma ausgleichen, die mal schnell zur Sprühsahne und fettigem Kakao greift, um ein Lächeln auf das Gesicht ihrer Enkelin zu zaubern. Außerdem will Henry, bis sie 13 ist, einen festen Freund haben und ist deshalb auch ständig verliebt. Nur wird es immer nichts Ernstes, weil der Auserwählte irgendeine Unsinnigkeit anstellt, die in Henrys Augen überhaupt nicht geht, wie Popeln zum Beispiel oder einfach gar nicht von Henrys Gefühlen weiß. 

Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Henrys Blog soll veröffentlicht werden, doch sie ist noch nicht volljährig. Hilfe und Rettung nahen in Omas Gestalt, die einfach die Verantwortung übernimmt. Und dann kommt da noch dieser neue süße Typ in die Klasse. Jetzt ist sich Henry überhaupt nicht mehr sicher, ob sie bisher wirklich schon mal verliebt gewesen ist. Ein ganzes Rudel von Schmetterlingen befindet sich in ihrem Bauch und keine Spur von Entlieben. Es ist ein entzückendes Jugendbuch, welches die Pubertät mit all ihren Facetten eindrucksvoll mit- oder wiedererleben lässt. Und vor allem sieht es doch danach aus, dass Henry ihr Ziel erreicht, einen festen Freund an ihrer Seite zu haben, denn der ist „wirklich stark“.

 

 

Heidi Adibi:

 „Tatsächlich 13“

Pink 2014

176 Seiten, Euro 9,99

ISBN 3-86430-025-8

 

 

 

Frage 119:

Immer mehr Menschen lernen Partner auf unkonventionellen Wegen kennen. Speed-Dating gehört dazu. Gibt es ein Buch für junge Leser, in dem das eine Rolle spielt?

 

 

Antwort 118:

 

Schulschwarm und neue Frau gesucht!

Juma Kliebenstein:  „Speed - Dating mit Papa“

Von Susan Müller

 

Jonas führt mit seinem Papa Ralf einen Männerhaushalt, seit seine Mama früh gestorben ist. Aber das findet Tante Birgit, Papas Schwester, auf die Dauer gar nicht gut. Als sie Papa eine ihrer Freundinnen „andrehen“ will, wird Papa selbst aktiv und meldet sich zu einer Wandertour für Singles mit Kindern bei „Amor-Treff“ an. Aber auch hier wird er nicht fündig. Die anfangs mehr versprechenden Bekanntschaft, entpuppt sich dann doch als nicht alltagstauglich. Aber Jonas versteht gar nichts, denn da ist doch die reizende Nachbarin Lotti mit ihrer zweijährigen Tochter Nina, und die begeistert sich zudem für Fußball! Das spielen oder schauen beide jedes Wochenende. Als Tante Birgit dann mit einem Speed-Dating kommt, wird das Fußballwochenende verschoben. Jonas ist sauer und erzählt Lotti davon. Beim Speed-Dating trifft er dann allerdings auf seinen Schulschwarm Naomi, die mit ihrer Mutter Raffaela dort ist. Aber diese Überraschung ist nicht alles, auch Lotti kommt und hat gleich einen Verehrer. Bisher meinte Jonas ja, dass Papa in Lotti nur eine gute Freundin sieht, aber der ist plötzlich stinksauer. Am Ende wird bei Übereinstimmungen ein Wochenende auf dem Rummelplatz vergeben. Ralf trifft Raffaela und Lotti geht mit dem Lackaffen Severin. Schließlich nimmt Tante Birgit wieder einmal das Zepter in die Hand. Es sieht danach ganz danach aus, als verbinde in Zukunft Nina, Jonas, Lotti und Ralf mehr als eine gute Nachbarschaft…
Eine tolle Geschichte über die Schwerfälligkeit von Erwachsenen, die die Tipps und Winks ihres Nachwuchses nicht verstehen und auf deren Unterstützung angewiesen sind, wenn es um echte Gefühle geht. Dazu flott geschrieben, ist es in der Gattung der Bücher, die direkt aus dem Leben erzählen sollen, eine Lektüre ohne Untiefen.

 

Juma Kliebenstein:

„Speed-Dating mit Papa“

160 Seiten, Euro 12,00

Oetinger 2011

ISBN 978-3789140501

 

 

 

 

 

Frage 118:

Gibt es ein zu empfehlendes Buch mit Elefanten? Ich lege eine bibliographische Liste dazu an und bin mir nicht sicher, ob ich alle erfasst habe.

 

Antwort 118:

 

Feinsinnig

Ingrid Kaletka: „Natumi Okawango. Rettung für die Zirkustiere“

Von Vera Mayer

 

Unbedingt dazu gehört das leider noch zu unbeachtete „Natumi Okawango“ von Ingrid Kaletka. Es ist bewegend, von dem Elefantenkind zu lesen, das gefangen wird und zum Zirkustier werden soll. Die Autorin hat sich in das Thema eingearbeitet und schreibt kenntnisreich und einfühlsam darüber. Aggressive Zirkusaktivisten, für die die Tierseelen nicht im Vordergrund stehen, kommen nicht auf ihre Kosten. Aber alle anderen: Kindgerecht wird die Handlung entwickelt, dabei Klischees vermieden; ein ungewöhnliches, seltenes Buch und eine Bereicherung.   

Geeignet für Kinder ab 8, ist es in einem liebevollen, sprachlich schönen Stil gehalten. Die Illustrationen von Ingo Stein ergänzen die Geschichte, die in einem für Kinder genau passendem Rhythmus erzählt ist, perfekt. „Natumi Okawango“ ist etwas für Leser mit Feinsinn.

 

 

Ingrid Kaletka:

„Natumi Okawango. Rettung für die Zirkustiere“

Uranek Verlag 2009

176 Seiten, Euro 14,90

ISBN 978-3981319606

 

 

 

Frage 117

Mein Sohn hat in der Schule „Die Wanze“ empfohlen bekommen. Was kommt denn darin vor?

 

Antwort 117

 

Unterschiedlichste Insekten

Paul Shipton: "Die Wanze"

Von Susan Müller

 

Ein Kinderbuch der etwas anderen Art (und übrigens durchaus auch für Junggebliebene geeignet). Allein schon wegen der Illustrationen von Axel Scheffler: Sie ergänzen diesen „ Insektenkrimi“, wie er im Untertitel heißt, perfekt. Nun: Eine Wanze ist der Privatdetektiv.

Wanze Maldoon (im Original ist der Buchtitel „Bug Maldoon“) ist eigentlich ein Käfer und soll den Ohrwurm Eddie suchen, der von seine Brüdern vermisst wird. Doch der Garten –sein Suchgebiet- ist groß, und während seiner Suche stößt er auf Ungereimtheiten im Ameisenvolk. Irgendetwas stimmt da nicht. Und auch die Wespen verhalten sich komisch. Die Ameisenkönigin bittet ausgerechnet Wanze um Hilfe, eine bestimmte Ameise ihres Volkes zu suchen. Mit Hilfe der Reporterin, einer Grashüpferin, findet er heraus, dass einige Ameisen nicht mehr nur das Volk sein wollen, sondern Individualisten. Sie haben daher einen solchen Club gegründet. Doch im Volke selbst stehen die Gegner, die die Königin ausschalten wollen, denn das liegt den Individualisten fern, sie wollen nur ein wenig Eigenständigkeit.

Es liest sich überaus gut, wie unterschiedlichste Insekten, natürlich vom Menschen unbemerkt, den Aufstand proben, bis wieder Gleichgewicht im Garten hergestellt ist. Die Abenteuer von Wanze und seinen Freunden solltet ihr selbst lesen. Nur soviel noch, leider wurde Eddie von der Spinne gefangen gehalten (und, so viel sei verraten, leider auch deren Nahrung), aber was die Suche nach ihm alles mit sich brachte, hat wirklich den Namen Insektenkrimi verdient.

(Ab 8)

 

Paul Shipton:

„Die Wanze. Insektenkrimi“

Fischer Verlag 2014

192 Seiten, Euro 7,95

ISBN 978-3596147-82-3

 

Hoch

 

 

 

 

Frage 116

Ich suche nach einem Buch für meine Enkel, das originelle, unangepasste Illustrationen hat, das etwas Besonderes ist und nicht die übliche Bilderbuchkost!

 

Antwort 116

 

Gestalterisch stark

Roswitha Moralic: „Gerneklein“

Von Linda Schmidt

 

„Gerneklein“ erzählt von einem Jungen, der nicht wachsen will - seine Eltern aber wollen mit allen Mittel ihn „großziehen“, nach ihm soll es nicht gehen. Doch das lässt er sich nicht gefallen. Er reist in die Welt und lernt dort spät, aber nicht zu spät für ihn –eine rau kennen. Den vorgesehen Weg für sich geht er keinen Meter, und genauso ist es gut. Diese wichtige Botschaft vermittelt dieses Buch von Roswitha Moralic, indem es Traditionen des mündlichen Erzählens und des Singens aufgreift. Eine märchenhafte Geschichte ,  die Elemente von „Hänschen klein“ und „Der kleine Däumling“ aufgreift, variiert und neu interpretiert. Die Wortwahl ist originell, man kann sich freuen am Sprachwitz und am freien Reim. Die schöne Gestaltung des Bilderbuches, in dessen Bilder sich der Betrachter auch ohne die Geschichte zu lesen vertiefen kann, sticht durch Farbgebung und Collagen in dem Einheitsmeer des Gegenwartsbilderbuches heraus. Die Illustrationen zeigen den künstlerischen Hintergrund der Schöpferin des Werkes –„Gerneklein“ ist für mich persönlich das bisher gestalterisch stärkste Buch des über 20 Bücher umfassenden Oeuvres. Ein Buch, das Appetit macht auf ein eigenwilliges Leben!

Bücher wie diese sind eine Bereicherung für unsere Zeit, gerade weil sie an die großen Literaten der deutschen Romantik erinnern. Die Entdeckung dessen, was unter der Oberfläche liegt, dazu Märchenhaftes, Lyrik und Gesang – all diese Charakteristika der Romantik trägt „Gerneklein“ in die Gegenwart. Ein philosophischer Spaß auch für alle, die sich noch an das Kind erinnern, das sie mal waren. 

 

 

Roswitha Moralic:

„Gerneklein“

Verlag Pandora, Königstein, 2013

42 Seiten, 13,00 Euro

ISBN: 978-3-9814260-3-8

 

 

Hoch

 

 

 

 

Frage 115:

Meine kleine Enkelin möchte kleine Geschwister .... Aber meine Schwiegertochter will keine Kinder mehr (sie will lieber Karriere machen). Gibt es ein Buch, das sie vertrösten könnte?

 

 

Antwort 115:

 

Toller Lesespaß für Groß, Größer, Klein und Kleiner.

Jenny Valentine: "Meine Schwester Kiki und ich: Das neue Baby"

Von Susan Müller

 

Kiki möchte ein Geschwisterchen, damit sie auch mal die große Schwester ist, aber das wollen ihre Eltern nicht. Kiki erfindet sogar eins, was ihre Eltern, darauf angesprochen, weniger lustig finden.

Aber Kikis große Schwester kann Kiki kurzzeitig beruhigen, als sie an der Meßlatte, an der alle Familienangehörigen gemessen wurden, auch die Plüschtiere antreten lässt.

In der Familie blieb Kiki natürlich die Kleinste, zu ihrem Leidwesen, aber mit den Plüschtieren sah das schon anders aus.

Und dann die Nachricht, der Besuch aus den USA kommt und Tante Kate erwartet ein Baby. Das Baby kann auch nicht warten, es kommt noch im Heimatort von Kiki zu Welt und nun ist sie Cousine und natürlich größer.

Irgendwie ist Kikis Wunsch doch noch in Erfüllung gegangen.

Toller Lesespaß für Groß, Größer, Klein und Kleiner.

(Ab 6)

 

 

Jenny Valentine:

"Meine Schwester Kiki und ich: Das neue Baby"

Mit Illustrationen von Joe Berger

Übersetzt von Anu Stohner

dtv, 2013

128 Seiten, 9,95 Euro

ISBN: 978-3423640022

 

 

Hoch

 

 

 

 

Frage 114:

Ich möchte mit meinen beiden Kindern den Osten Deutschlands bereisen. Gibt es eine Art erzählter Reiseführer, die ich vorlesen und anhand derer wir Ziele aussuchen können?
 

Antwort 114:

 

Wir empfehlen eine Reihe aus dem Biber und Butzemann Verlag:

 

Anschaulich und interessant

Steffi Bieber–Geske / Sabrina Pohle; Elisabeth Schieferdecker/Sabrina Pohle: "Schatzsuche in Berlin und Brandenburg", "Sagenhafte Ferien auf Usedom", "Magische Ferien in Thüringen"

Von Susan Müller

 

Schatzsuche in Berlin und Brandenburg

 

Ein geheimnisvoller Brief bringt die Kinder Lilly und Nikolas auf eine Fährte, die sie rund um Berlin mit dem Brandenburger Tor und die idyllische Landschaft von Brandenburg führt. Ein immer neues Rätsel ist zu lösen und enthält damit den Hinweis auf die nächste Attraktion, die in den dortigen Gefilden unbedingt gesehen werden muss.

Sehr anschaulich und interessant werden dadurch die Gegend und die Hauptstadt eindrucksvoll beschrieben. Der Leser fühlt sich, als würde er mit den Kindern mitreisen.

 

 

Steffi Bieber-Geske:

"Schatzsuche in Berlin-Brandenburg"

Mit Illustrationen von Sabrina Pohle

Biber & Butzemann 2013

77 Seiten, 9,95 Euro

ISBN: 978-3942428040

 

Sagenhafte Ferien auf Usedom

 

Wieder einmal sind Ferien angesagt in der Familie von Lilly und Nikolas mit den Eltern. Diesmal geht es nach Usedom mit seinen malerischen Bäderorten. Es gibt Seebrücken und Unterwasseraquarien, jedes einzelne Ausflugsziel löst bei den Kindern Begeisterung aus. Und dann gibt es noch die sagenumwobene Stadt Vineta. Sie ist versunken und soll sich auf dem Meeresgrund befinden. Was eine Sage so ausmacht - es ranken sich verschiedene Geschichten um das ehemals sehr reiche Vineta. Und man soll es heute an bestimmten Tagen noch sehen können. Leider klappt das bei Nikolas nicht, auch wenn er sich die Augen aus dem Kopf schaut ... Aber selbst so: Der Urlaub war wieder ein Volltreffer.

 

Steffi Bieber-Geske:

"Sagenhafte Ferien auf Usedom"

Mit Illustrationen von Sabrina Pohle

Biber & Butzemann 2013

77 Seiten, 9,95 Euro

ISBN: 978-3942428057

 

 

Magische Ferien in Thüringen

 

Das grüne Herz Deutschlands liegt ja nun höher als die See und die Hauptstadt. Nichtsdestotrotz fasziniert es mit seinen Bergen und anderen Sehenswürdigkeiten. Unsere Familie macht in Saalfeld Urlaub. Und ausgerechnet dort gibt es die Saalfelder Feengrotten! Dazu gibt es reichlich Material für Geschichten um Feen und Elfen. Der Zauberer Urlaubius (Papa) möchte jedem einen Wunsch erfüllen. So bekommt Lilly große Augen in den Feengrotten, die voll sind von Elfen- und Feengeschichten. Ihre ist erfüllt. Aber wird es mit Nikolas‘ Wunsch einer Mondfahrt ebenso einfach für den Zauberer? Unser Urlaubius hat keine Mühen gescheut, und so landen die vier in Jena im Planetarium und werden dort auf eine Reise zum Mond und den Sternen mitgenommen. Dem Reisetagebuch von Nikolas wird ein spannender Tag hinzugefügt. Ob er damit vielleicht einen Preis in der Schule gewinnt? Egal, ob oder ob nicht: Für Nikolas wird das Planetarium an erster Stelle stehen dank unserem Zauberer Urlaubius.

Es ist wunderschön zu lesen, mit welchem „Rahmenprogramm“ unsere Heimat den jungen Lesern nahe gebracht wird. Eine kleine Geschichte steht immer rund um den Reiseführer und der hat genau die richtige Länge und man möchte ihn gar nicht vorzeitig zur Seite legen.

 

Elisabeth Schieferdecker:

"Magische Ferien in Thüringen"

Mit Illustrationen von Sabrina Pohle

Biber & Butzemann 2013

93 Seiten, 9,95 Euro

ISBN:  978-3942428088

 

Hoch

 

 

 

 

 

Antwort 113:

 

Endlich! Ein spannendes und richtig gruseliges Buch

Martina Wildner: "Das schaurige Haus "

Von Anne Spitzner

 

Weil sein Vater einen neuen Job hat, zieht der 13-jährige Hendrik mit seiner Familie ins Allgäu. Das einzige Haus, das sie dort mieten können, ist etwas heruntergekommen, aber günstig, und besitzt einen großen Garten. Doch Hendriks kleiner Bruder Eddi wird plötzlich nicht nur zum Schneckensammler, sondern auch zum Schlafwandler, und malt seltsame Schneckenbilder an die Wand. Hinter der Tapete in seinem Zimmer entdeckt die Familie eine unvollständige Botschaft, und im Keller finden sie eine geheimnisvolle Tür. Aber nicht nur Eddi macht ihnen Sorgen; Hendrik wird – wegen seines sächsischen Akzents, dem Haus, in dem er wohnt, oder auch nur, weil er anders ist – von seinen Klassenkameraden gehänselt und gepiesackt. Ihre Mutter ist unglücklich, weil sie keine Arbeit hat, und dann fangen die anderen Kinder auch noch an, zu erzählen, in dem Haus „Am Pestkirchlein“ seien vor dreißig Jahren zwei Kinder ermordet worden. Und das Schlimmste ist: Hendrik findet Hinweise darauf, dass es im Haus tatsächlich spuken könnte…

Martina Wildner schafft das Meisterstück, ihre Gruselgeschichte so spannend und unheimlich zu erzählen, dass einem beim Lesen eine Gänsehaut nach der nächsten über den Rücken kriecht, und gleichzeitig aber so glaubwürdig zu bleiben, dass – wie Hendrik zwischendurch auch selbst immer wieder feststellt – alles nur ein Zufall sein könnte. Auch, wenn es für den Leser unmöglich zu glauben ist. Es ist nahezu unmöglich, dieses Buch aus der Hand zu legen; ich habe mich mitten auf dem Heimweg mit dem Fahrrad auf eine Bank gesetzt, um es zu Ende zu lesen, weil ich es nicht bis nach Hause aushalten konnte.

Hendriks Familie hat im Allgäu plötzlich eine Menge Probleme, die vorher nicht da waren, aber sie treten alle in den Hintergrund, sobald die „Spukgeschichte“ anfängt, und nach und nach stellt sich heraus, dass sie alle damit zu tun haben: Eddis Schlafwandlerei, die Unzufriedenheit der Mutter der beiden, die Gemeinheiten der anderen Mitschüler. Wird es Hendrik am Ende gelungen, den Fluch zu brechen, der auf dem Haus oder auf dem Dorf zu liegen scheint? Diese Frage bleibt fast bis zur letzten Seite unbeantwortet, und mehr als einmal kann das Ganze auch schlecht ausgehen.

Das Schönste am ganzen Buch ist aber, dass Martina Wildner kein einziges Mal abgleitet, in keine einzige Formulierung, bei der alles unglaubwürdig wird. Man lässt Hendrik als Ich-Erzähler keinen Moment lang aus den Augen, und so erklärt man sich die Vorgänge auch mit seinen Erklärungen, kriegt seine Panik mit, wenn er glaubt, in einem verfluchten Haus zu wohnen, aber an anderen Stellen liest man auch, dass Hendrik sich alles auch ganz anders erklären kann.

Zusammenfassend also: Ein wirklich spannendes und gruseliges Buch, und das auf deutlich höherem Niveau als die meisten anderen Bücher, die man in diesem Genre zu lesen bekommt!

Martina Wildner:

"Das schaurige Haus"

Beltz & Gelberg 2012

208 Seiten, 9,60 Euro

ISBN: 978-3407799951

 

Hoch

 

 

 

 

 

Frage 112:

Meine Tochter ist 12 und liest nicht, ich bin verzweifelt und weiß nicht, was ich tun soll. Gibt es ein Buch, das so spannend oder gut ist, dass meine Tochter, die sich sonst nur für Filme interessiert, es lesen würde? Es muss nicht mal so gut sein, Hauptsache, sie liest es.

 

 

Antwort 112:

 

Spannend, witzig, gut zu lesen

Katja Henkel: Rosa Rabenstein – 1 neue Nachricht

Von Anne Spitzner

 

Rosa Rabenstein ist 12 Jahre alt und kommt aus Berlin. Es sind Sommerferien, und während ihre ABFs (allerbesten Freundinnen) auf Lanzarote Urlaub machen dürfen, muss sie mit ihrer Familie (die sie im Mehrheitsentscheid überstimmt hat) nach Island, wo es einfach nur „urlangweilig“ ist. Außerdem hat ihre Mutter ihr verboten, ihr Handy zu benutzen, und das ist einfach furchtbar, weil sie so sehnsüchtig auf eine SMS von Bruno wartet.

Doch diese Probleme werden plötzlich ganz unwichtig, als Rosa im Elfenmuseum auf Cosma trifft, die eine richtige echte Elfe ist. Sie wünschen sich heftig, der jeweils andere zu sein, und plötzlich passiert es einfach: Cosma steckt in Rosas Haus, und Rosa in Cosmas. Nach ein paar Schreckmomenten gefällt es den beiden aber ganz gut, und sie entscheiden, einen Tag das Leben der jeweils anderen zu leben. Cosma geht mit Rosas Familie wandern, aber Rosa (in Cosmas Gestalt) steht plötzlich vor ganz anderen Problemen: Der Elfensee soll zugeschüttet werden, und das muss sie irgendwie verhindern!

Wie sich Rosa und Cosma schlagen, was sie dabei lernen und wie Elfen die Welt sehen, erfährt man als faszinierter Leser in Katja Henkels Buch „Rosa Rabenstein – 1 neue Nachricht“. Zu Beginn ist es eine ganz normale Teenager-Geschichte: Teenager fährt mit Familie zu einem Ziel, zu dem sie nicht will, streitet sich mit dem kleinen Bruder, wartet sehnsüchtig auf SMS von Angebetetem. Doch dann ist plötzlich alles ganz anders. Aber egal, in welcher Geschichte man ist (Teenie- oder Fantasyroman), Katja Henkels Buch ist spannend, witzig, gut zu lesen und schwer aus der Hand zu legen, sodass man eigentlich von Anfang bis Ende dabeibleibt. Ob es am Ende gelingt, den Elfensee zu retten, ist fast nebensächlich, sobald man erstmal die Elfen kennenlernt, die durchweg sympathisch sind; einiges an ihrer Verhaltensweise ist so anders, dass man sich erstmal wundert, aber dann begreift, dass ein wenig elfisches Wesen manchen Menschen ganz gut tun würde: Elfen lügen nicht, aber die erwachsenen Elfen verbieten den Elfenkindern und –jugendlichen auch nichts, sondern geben ihnen nur Ratschläge, an die die Kinder sich aber nicht halten müssen. Und die Elfenkinder haben einen See, an dem sie unbeaufsichtigt spielen dürfen, ohne dass die Erwachsenen sich einmischen. Diesen Wunschtraum aller Jugendlichen beschreibt Katja Henkel aber so gut (die Elfen passen aufeinander auf und machen nur sehr wenig Blödsinn), dass er fast schon machbar erscheint.

Am Ende wird es dann wirklich knapp, zurückzutauschen; und dass Rosa endlich die ersehnte SMS bekommt, ist ihr fast schon nicht mehr wichtig. Viel wichtiger ist, den Elfensee gerettet und ihre Familie wiederzuhaben – und es würde manchen von uns ganz gut tun, sich das auch mal vor Augen zu führen. Jedenfalls eine gute Lektüre nicht nur für Teenager, die sich im Urlaub langweilen und sich wünschen, dass endlich mal was SPANNENDES passiert.

 

Katja Henkel:

"Rosa Rabenstein - Eine neue Nachricht"

arsEdition 2011

272 Seiten, 12,90 Euro

ISBN: 978-3827054067

 

Hoch

 

 

 

 

Frage 111:

Ich suche für meine 10-Jährige Nichte, eine echte Leseratte, ein tolles, phantasievolles und zum Nachdenken anregendes Buch.

 

 

Antwort 111:

 

Für Leser, die ihre Phantasie noch nicht verloren haben

Kathi Appelt: Das Meer und das Mädchen

Von Carolin Kotsch

 

Alle sind böse auf Mirja. Jeder einzelne Benwohner des „kleinen Universums“ an der texanischen Küste. Das sind neben Mirja ihre Ersatzmutter Signe, der stotternde Dogie und der alte Mr Beauchamp. Alle sind sie böse und dabei ist alles nur wegen den sprechenden Krabben passiert. Sie haben alles verdorben: Signes leckeres Gumbo, Dogies Heiratsantrag und Mr Beauchamps nachtblühenden Kaktus. Also die ganze Nacht des blauen Mondes, auf die sich alle gefreut haben. Ein bisschen Schuld sind aber auch die „Viecher“, die Hunde BF und Zwei, die Möwe Captain und die einäugige Katze Sindbad.

Wie soll ein zehnjähriges Mädchen das alles wieder in Ordnung bringen? Ganz einfach! Sie muss nur ihre seit sieben Jahren verschwundene Mutter Meggie Marie finden. Ungefährlich ist das allerdings nicht, denn die Meerjungfrauen treffen sich nachts auf der Sandbank draußen im Meer. Aber Mirja hat ja ihren Glücksbringer und die sieben geschnitzten Meerlinge und macht sich so voller Hoffnung gemeinsam mit BF auf den Weg.

 

Kathi Appelt erzählt in ihrem Buch Das Meer und das Mädchen viele Geschichten. Die eines Mädchens, das an Zauberwesen glaubt, die eines alten Mannes, der seit Jahrzehnten auf die Liebe seines Lebens wartet, die einer jungen Frau, die um jeden Preis ihr kleines Mädchen beschützen möchte, die eines Mannes, der die Bilder des Krieges nicht vergessen kann und die von vier Tieren, die jedes für sich etwas ganz besonderes sind.

Das eigentliche Geschehen wird an ereignisreichen Stellen immer wieder von Rückblenden unterbrochen, sodass immer mehr Fragen aufgeworfen werden. Der Leser wird unweigerlich in den Bann gezogen und will mehr erfahren. Eine große Frage, die sich von Anfang an stellt, ist, welcher Teil des Geschehens Wirklichkeit ist und welcher Teil nur der Fantasie eines zehnjährigen Mädchens entspringt. Am Ende muss der Leser über die Antwort ein bisschen selbst entscheiden und hat so genug Freiraum um die eigene Fantasie spielen zu lassen.

Kathi Appelt schreibt in einem sehr eingängigen Stil. Sie schafft es problemlos Gedanken in Worte zu fassen und den Leser so mitten ins Geschehen zu versetzen. Dabei berichtet sie nicht nur aus der Sicht der Menschen, sondern auch aus der der Tiere, sodass sich alles allmählich zu einem großen Ganzen fügt.

Das Buch eignet sich für Leser ab acht Jahren und für alle anderen, die ihre Fantasie noch nicht verloren haben.
Ab 8

 

Kathi Appelt:

"Das meer und das Mädchen"

Übersetzt von Alexandra Ernst

Ravensburger 2012

320 Seiten, 14,99 Euro

ISBN: 978-3473368457

 

 

Hoch

 

 

 

 

Frage 110:

Ich habe noch einen Ella-Band gesehen. Geht so viel Serie überhaupt noch?

 

Antwort 110:

 

Qualitätswitz

Timo Parvela: „Ella und der Neue in der Klasse“

Von Sebastian Mayer

 

Nun ist der siebte Band herausgekommen: „Ella und der Neue in der Klasse“ ist „Ella“ in Bestform, nachdem Band 5 und 6 die korsettgeschnürten Schwächen einer nicht enden wollenden Serie hatten. Aber jetzt hat sich der finnische Autor Timo Parvela offensichtlich wieder freigeschwommen.

In diesem Buch fährt die ganze Klasse einschließlich Paavo, der der Neue in der Klasse ist, ohne Aufsicht in die Stadt und erlebt wieder allerlei komisches Zeug. Zum Beispiel sind die Schüler im Fernsehen zu sehen - allein bei der bloßen Vorstellung, dass diese Chaotenklasse im Fernsehen zu sehen sein soll, muss man schon lachen. Und so sitzen auch die Gags im Detail. Da sind sie wieder, die lesenden Kinder, die gleichzeitig lachende Kinder sind. Doch auch für Erwachsene hat der Autor immer mal kleine Scherze eingebaut, allein das Thema Schwiegereltern, Erbe und noch so einiges anderes. Durch Paavo, den Neuen, der beim Stadtausflug verloren geht und auf den sich die ganze Handlung richtet, wird die Gruppe wieder von außen betrachtet; so können sich die bekannten Helden (zum Beispiel Hanna, die Lehrerin und Filmstar werden will) und Anti-Helden (zum Beispiel Pekka „der Klassendödel“) und Statisten frisch darstellen. Damit ist Raum für Wiedererkennung, aber auch für ein Schärfen der Charaktere. Dass diese sehr schematisch sein müssen, ist dem Genre „Spaßbuch“ geschuldet, aber sie müssen nicht – das zeigt dieser Band – notwendigerweise erstarrt sein. Der Witz von diesem „Ella“-Band wird besonders in den Dialogen der Kinder vollendet herausgearbeitet: Das Spiel mit den zwei Wahrheiten; der einen, die in Schule und Gesellschaft gilt, und der anderen, die Kinder so unumwunden aussprechen können. Mütter, die die Hausaufgaben machen, jedes Kind mit Handy, doch kein Gerät funktioniert richtig, Mädchen, die Prinzessinnen sein wollen und nicht berufstätige Frauen. Darum lockert „Ella“ alle auf und ist lesens- und lachenswert.

(Ab 6)

 

Timo Parvela:

„Ella und der Neue in der Klasse

Aus dem Finnischen von Anu und Nina Stohner

Hanser 2013

160 Seiten, 9,90 Euro

ISBN 978-3446241763

 

 

Hoch

 

 

 

 

Frage 109:

Ich brauche für mein Grundschulkind ein gutgemachtes und fachkundiges Naturbuch.

 

Antwort 109:

 

Eine Bereicherung an jeder Grundschule

Bärbel Oftring: "Mein Kosmos-Buch Natur: Die 150 wichtigsten einheimischen Tiere und Pflanzen"

Von Julia Meumann

 

„Mein Kosmos-Buch Natur“ ist ein bunter Atlas der einheimischen Tier und Pflanzenwelt, der mit vielen farbigen Bildern und Detailzeichnungen zum Schmökern und Nachschlagen einlädt.

Das Buch ist unglaublich umfangreich, was die Themenbereiche angeht und doch sehr übersichtlich und zusammenhängend gegliedert. Direkt auf der ersten Doppelseite findet man eine hierarchische Baumgrafik, in der die Tiere angefangen von den wirbellosen Tieren und den Wirbeltieren bis hin zu den Insekten, Vögeln, und Säugetieren eingeordnet werden. Auf der letzten Seite des Buches findet man eine ebensolche Grafik für die Pflanzen, angefangen von Moosen, Farnen und Pilzen, bis hin zu den Blumen, Nadelbäumen, Laubbäumen und Sträuchern.

Am Anfang der jeweiligen Kapitel steht immer noch eine allgemeine Einführung, z.B. was ist eine Blume? Woran erkennt man sie und wie ist sie aufgebaut? In leicht verständlichen, kurzen Sätzen werden die jungen Leser direkt angesprochen.

Die Autorin wählt spannend und abwechslungsreich aus den markantesten Merkmalen der verschiedenen Spezies aus, geht auf ihre Besonderheiten ein und gibt Tipps zum Beobachten und für eigene Entdeckungstouren. Wie rettet man zum Beispiel eine verirrte Fledermaus aus dem Vorhang, warum lieben Marder Autos, in welchem Baum lebte der Donnergott Thor, wie kann man Amseln voneinander unterscheiden und wohin ziehen die Zugvögel im Winter? Außerdem gibt es noch verschiedene Rezepte, Basteltipps und Warnhinweise, wo es nötig ist.

Ein tolles Buch zum Nachschlagen für Hausaufgaben und Referate oder um Anregungen zu sammeln für die eigenen Expeditionen junger Naturforscher in ihrer Freizeit. Aber auch für Eltern, die ihren Kindern mal eben kurz erklären möchten, was eine  Fotosynthese ist, warum die Bäume im Herbst ihre Blätter verlieren oder wie genau man noch mal Hafer-, Gersten-, Roggen- und Weizenehren voneinander unterscheidet, kann das Buch sehr nützlich sein!

Als Erkennungsbuch für die Hosentasche ist es eindeutig zu groß - aber im Bücherschrank sollte es immer ganz vorne stehen, und für den Biologie- und Sachkundeunterricht wäre es eine Bereicherung an jeder Grundschule.

 

Bärbel Oftring: "Mein Kosmos-Buch Natur: Die 150 wichtigsten einheimischen Tiere und Pflanzen"

Kosmos 2013

192 S., 12,99 Euro

ISBN 978-3440135761

 

 

Hoch

 

Von der Rezensentin ist zuletzt das erzählerische Baumbestimmungsbuch "Das Mädchen mit den langen Zöpfen" (ISBN 978-3938531631) erschienen.

 

 

 

Frage 108:

Wir haben "Im Land der Stundendiebe" von Thomas Mendl geschenkt bekommen. Mich würde eine fachlich genaue Analyse des Buches interessieren.

 

Antwort 108:

 

Komplexität der Handlung

Thomas Mendl: "Im Land der Stundendiebe"

Von Sabine Planka

 

 

Die Eltern der Zwillinge Anna und Ben verreisen für eine Woche und lassen die beiden in der Obhut von Tante Mia. Bevor die Tante kommt, beschließen Anna und Ben sich einen Film im Fernsehen anzuschauen. Doch ein Kurzschluss beendet das Filmvergnügen. Auf der Suche nach dem Sicherungskasten landen die Zwillinge im Keller und finden einen geheimnisvollen Hebel, den Anna betätigt. Zunächst scheint nichts passiert zu sein. Die beiden verlassen den Keller wieder – und finden sich zurückkatapultiert ins Jahr 1919. Sie sind zwar noch im selben Haus, treffen jedoch auf die ‚neuen‘ Besitzer Tegelmans und das Dienstmädchen Cosima des Hauses. Anna und Ben werden ins Weisenhaus gebracht, wo sie auf drei andere Kinder treffen, die ebenfalls in dem Haus erschienen sind.

Anna und Ben erfahren, dass sie durch eine Zeitreise im Jahr 1919 gelandet sind. Auf der Suche nach einem Ausweg treffen die Kinder auf Samuel Tegelmans, der sie bittet, ihm bei der Suche nach seiner Tochter zu helfen, die in einer Parallelwelt entweder in der Vergangenheit oder Zukunft festsitzt. Anna, Ben und die anderen Kinder entschließen sich zu helfen. Was die Kinder jedoch nicht ahnen: Samuel führt Böses im Schilde und schickt sie mit einer Maschine in eine Nebenwelt des Jahres 1919, in ein sogenanntes Reflectat, eine Spiegelwelt. Die Bewohner dieser Welt können die Gestalt von Personen der echten Welt annehmen, hinzu kommt, das physikalische Gesetze keine Gültigkeit besitzen (vgl. Mendl (2012), S. 96).

Dort finden die Kinder dann auch Armelle, die Tochter Samuel Tegelmans, die ihnen erklärt, dass der Samuel, mit dem alle gesprochen haben, ein Reflectierter ist, der dem Reflectat entflohen ist und im Tausch Armelles Vater im Reflectat eingesperrt hat. Nun machen sich die Kinder auf die Suche nach dem echten Samuel Tegelmans. Unterwegs verlieren sie Armelle, die sie aber schließlich wiederfinden, ebenso den echten Samuel. Schließlich erfahren alle, dass diese vom falschen Samuel initiierte Entführung einem größeren Plan dient: Die Reflectierten im Reflectat haben nur eine begrenzte Lebensdauer und wollen sich gegen die Menschen in der echten Welt austauschen, um mehr Zeit und damit ein längeres Leben zu haben.

Anna wird schließlich als diejenige erkannt, die die Welten und Menschen retten kann, wozu sie allerdings wieder in ihre echte Zeit, ins Jahr 2011, zurückkehren muss. An diesem Punkt greifen alle Welten ineinander, sowohl Reflectat als auch die des Jahres 1919 und die des Jahres 2011: Anna wird von Feuerwehrleuten gerettet, die sie aus einem brennenden Haus bergen (vgl. Mendl (2012), S. 233ff.). Anna erwacht im Krankenhaus und muss erfahren, dass nach dem Kurzschluss des Fernsehers ihr Elternhaus in Flammen aufgegangen und Ben verschwunden, respektive gestorben ist. Anna kann das kaum glauben. Je länger sie jedoch wieder in ihrer Realität ist, beginnt auch sie zu denken, dass das, was bisher geschehen ist, ein Traum war und scheint sich damit abzufinden.

Dann trifft sie jedoch auf Jos Tempora, der mit Zeit handelt. Und hier wird die Geschichte wieder phantastisch, denn Anna handelt mit ihm aus, dass er 2-3 Millionen Jahre an den Herrscher der Reflectats schickt, damit er den Austausch der Menschen gegen Reflectierte wieder rückgängig macht. Anna kehrt direkt in das Reflectat zurück – ohne Umweg über das Jahr 1919 – und trifft dort neben ihren Freunden auch ihren Bruder Ben wieder. Gemeinsam erfahren sie, dass der Herrscher den Tausch bereits rückgängig gemacht hat und dass nun nur noch der falsche Samuel Tegelmans, der eigentlich Adlatus Borg heißt, sein Unwesen in der echten Zeit 1919 treibt. Nur die Kinder können den nach Macht strebenden Adlatus aufhalten. Sie machen sich also auf den Weg ins echte Jahr 1919 und können dort Adlatus ausschalten, so dass er keine Gefahr mehr darstellt. Alle feiern diesen Sieg, als es plötzlich an der Tür klingelt. Als Anna merkt, dass man ihr verheimlicht, wer dort geklingelt hat, steht sie auf und guckt nach. Und auch nun vermischen sich wieder Vergangenheit und Gegenwart: Anna sieht vor dem Haus das Auto ihrer Eltern und findet sich plötzlich in der Gegenwart wieder und zwar an dem Zeitpunkt, an dem ihre Eltern zu der Reise aufbrechen wollen. Hier trifft sie auch ihren Bruder Ben wieder, der nicht gestorben ist, weil der Kurzschluss des Fernsehers noch nicht eingetreten ist.

Als Ben vorschlägt, sie könnten doch einen Film gucken, hält Anna ihn davon ab und erzählt ihm ihre Geschichte. Beide gehen auf den Dachboden und suchen nach einem Stammbaum und Hinweisen auf die Familiengeschichte und finden heraus, dass Armelle Tegelmans Annas Urgroßmutter ist und Anna somit ihre Großmutter gerettet hat.             Das Buch reiht sich durch die gewählte Thematik der Zeitreise in die Reihe zahlreicher anderer Werke ein, die sich dieses Motivs bedienen, um Abenteuer-, Science Ficton- oder historische Geschichten zu erzählen. Dabei macht es das Buch eigentlich spannend, da der Leser nie wirklich erfährt, ob Anna die ganze Geschichte nur erfunden, geradezu erträumt hat während des Brandes oder ihrer späteren Genesungsphase zu Hause. Für einen Traum spricht besonders der Hinweis, dass physikalische Gesetze v.a. im Reflectat nicht gelten und auch bewusst vom Autor außer Kraft gesetzt werden. Auf etwas Ähnliches weist auch Sigmund Freud bzgl. des Traums hin, sagt er doch, dass der Traum über seine eigenen Gesetzmäßigkeiten verfüge.

Die Geschichte, die der heterodiegetische Erzähler erzählt und dabei an Anna als Protagonistin klebt, ist mehr als phantastisch. Und hier verliert das Buch leider etwas an Qualität, denn die Geschichte erscheint als zu überfrachtet mit den ganzen Informationen über Realität, Vergangenheit und deren gespiegelter Welt, die als Reflectat bezeichnet wird. Hinzu kommen viele kleine, komplexe Sachverhalte, die in die Narration eingebettet werden.

Die Komplexität, die hier entwickelt wird, ist bewundernswert und steht auch ganz im Sinne phantastischer Literatur. Allerdings erscheinen die Ereignisse zu stark auf zu engem Raum komprimiert und damit teilweise für den Leser verwirrend, worunter auch der Schreibstil leidet, der sich darum bemüht, bewusst jugendlich zu wirken, vor allem, wenn es um die Abgrenzung der Protagonisten voneinander geht.

Auch wenn es momentan auf dem Buchmarkt überwiegend Mehrteiler gibt, wäre es wünschenswert gewesen, der Autor hätte die komplexe Handlung auf mehrere Bände verteilt, um der Geschichte etwas Luft zu geben, damit sie sich langsamer hätte entwickeln können. Das wäre sicherlich auch dem detektivischen Spürsinn des Lesers entgegengekommen, der sich immerhin gemeinsam mit Anna auf die Suche nach Armelle macht und zudem die familiären Zusammenhänge der Protagonisten hätte entschlüsseln können. So wird die Geschichte im großen Ganzen viel zu schnell aufgelöst, wie es auch bei Dingen im Kleinen passiert, die ebenfalls den detektivischen Spürsinn des Lesers hätten fordern können, die allerdings kaum 2-3 Seiten später schon wieder aufgelöst werden. Das ist aber sicherlich der Komplexität der Handlung geschuldet, die es sich nicht leisten kann, kleine Andeutungen zu vergessen und nicht aufzulösen.

Trotz dieser Komplexität gelingt es dem Autor, den roten Faden der Erzählung nicht aus den Augen zu verlieren und die Handlungsstränge aufzulösen – abgesehen vom Ende, dass er als offenes Ende konzipiert und hier Anknüpfungen für Fortsetzungsbände des Buches bietet.

 

Thomas Mendl: "Im Land der Stundendiebe"

Oetinger 2012

414 S., 16,95 Euro

ISBN 978-3-7891-4294-9

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 107:

Das Cover und die Gestaltung von "Das Geheimnis von Ashton Place" gefällt mir extrem gut. Es sieht nach einem literarischen Klassiker aus, sehr gut. Aber ist auch drin, wonach es aussieht?

 

Antwort 107:

 

Mary Poppins in der Welt von Jane Eyre

Maryrose Wood: "Das Geheimnis von Ashton Place. Aller Anfang ist wild"

Von Ada Bieber

 

Vor einem Jahr erschien in Deutschland der Kinderroman “Das Geheimnis von Ashton Place. Aller Anfang ist wild”, Auftakt einer neuen Reihe für junge Leserinnen und Leser der amerikanischen Autorin Maryrose Wood, von der mittlerweile schon der zweite Band im Thienemann Verlag erschienen ist. Die Handlung entführt die Leser ins viktorianische England auf eines jener hochherrschaftlichen Anwesen, die man aus den Romanen von Jane Austen oder den Schwestern Brontë kennt. Die noch blutjunge Gouvernante Penelope tritt dort ihre erste Stelle an und wird unerwartet mit jungen Wolfskindern konfrontiert, die vom Gutsherren kürzlich im Wald auf seinem Anwesen gefunden wurden und denen die unerfahrene, aber entschlossene Penny nicht nur die Sprache und angemessenes Benehmen vermitteln soll, sondern denen sie außerdem mit viel Zuneigung und Kulturanspruch beikommen möchte.

Die junge Gouvernante ist unübersehbar als Figur durch ihre eigene unglückliche Kindheit an Jane Eyre angelehnt - eine der Liebslingsfiguren der Autorin, wie das Nachwort verrät. Vielfach wird durch sie aber auch an andere Gouvernanten-Romane erinnert und darüber hinaus ist ihr ein lebendig-lebenslustiger Pragmatismus eigen, der nicht selten an die unübertroffene Mary Poppins erinnert, auch wenn Penelope nicht gerade mit dem Regenschirm anreist oder sonst auf phantastische Eigenschaften zurückgreifen kann. Die resolute und unkonventionelle Art Mary Poppins ist es aber, die hier eine Brücke schlagen soll zwischen der für heutige Leser oft fremde Welt des viktorianischen Englands und einer modernen, oftmals allzu albernen Erzählweise. Das kann gelegentlich amüsieren, doch zeigt sich hier vor allem ein Grundproblem der Geschichte: gelegentlich beschleicht den Leser nämlich der Eindruck, dass ein Crossover zwischen historischem Jugendroman, Erzählungen einer Frances Hodgson Burnett, eines Familiengeheimnises und komischen Kindermädchen-Erzählung versucht wird, das jedoch den einzelnen Motiven und Stoffen nicht gerecht wird. Dies fällt insbesondere dann auf, wenn man sich fragt, weshalb denn eine prinzipiell so spannende Geschichte über Wolfskinder in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor der Kulisse einer oft als unmenschlich gezeichneten Adelsgesellschaft so viel Slapstick und Comedy-Erklärungen braucht? Das verhindert ein wirkliches Eintauchen in die literarische Welt.

Die Kinder, um die es dabei eigentlich geht, verkommen gar zu reinen Platzhaltern in einer Handlung voller stereotyper Figuren, denn der Leser erfährt kaum etwas über ihre innere Entwicklung und auch ihre rasanten Lernerfolge wirken unrealistisch und herbeigezerrt! Das ist schade, denn die Grundidee des Romans, nämlich Wolfskinder in eine Gesellschaft voller überkommender Konventionen einbrechen zu lassen und nach den wahrhaft wichtigen Aspekten von Gesellschaft und Zivilisation fragen zu lassen, ist durchaus spannend. Weniger wäre hier mehr gewesen und so macht dieses Buch wohl nur dann wirklich Freude, wenn man mehr auf eine lustige Lektüre denn auf eine literarisch fundierte Reise ins alte England aus ist. Dafür bleiben die Titel von Frances Hudgson Burnett weiterhin unübertroffen!

 

Maryrose Wood:

"Das Geheimnis von Ashton Place. Aller Anfang ist schwer"

Aus dem Amerikanischen von Eva Plorin

Thienemann Verlag 2012

284 Seiten, € 12,95

ISBN 978-3-522-18296-6

 

 

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 107:

Ich habe eine schöne Sammlung an Gute-Nacht-Bilderbüchern, die im Kinderzimmer im Regal stehen und als schönes und funktionierendes Einschlaf-Ritual abends herausgeholt werden. Ich möchte meine Sammlung ständig aktualisieren. Können Sie mich mit Neuerscheinungen auf dem laufenden halten?

 

Antwort 107:

 

Köstliche Kindergedanken

Katharina Grossmann-Hensel: „Warum Erwachsene nachts so lange aufbleiben müssen“

 

(am) Katharina Grossmann-Hensel illustriert Kinderbücher so, dass man ihren Pinselstrich sofort erkennt. Sie schreibt sie auch selber, und da geht sie danach vor, die Phantasie der Kinder für Realität zu nehmen. „Warum Erwachsene nachts so lange aufbleiben müssen“ erzählt auf 24 Seiten, was hinter den Türen passiert, sobald die Kinder zu Bett gehen. Denn das Aufbleiben-Müssen ist das Gegenstück zum Ins-Bett-Müssen. Mit lustigen Illustrationen werden den jungen Betrachtern keine Grenzen in ihrer Vorstellungskraft gesetzt. Alltägliche Abendereignisse sowie köstliche Kindergedanken werden gelungen verbildlicht. Ein witzig-schönes Bilderbuch, perfekt geeignet als Gutenacht-Geschichte vor dem Schlafengehen. (Ab 3)

 

Katharina Grossmann-Hensel:

„Warum Erwachsene nachts so lange aufbleiben müssen“

Ueberreuter 2012

32 Seiten, Euro 12,95

ISBN 978-3219115390

 

 

 

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 106:

Als ich letztens mit meinen Kindern im Zoo war, habe ich das erste Mal in keinem Leben Wombats gesehen und von ihnen gehört. Gibt es da irgend etwas für Kinder.

 

Antwort 106:

 

Artspezifisches Verhalten...

Thilo Reffert: "Australien, ich komme"

Von Carolin Kotsch

 

Wombat ist das neue Haustier von Eva und Chris und er hat seine ganz eigene Sicht auf die Dinge, die so um ihn herum passieren. Und ihm passiert eine ganze Menge.

Ohne es zu wissen, strapaziert er mit seinem artspezifischen Verhalten pausenlos die Nerven seiner geduldigen, wenn auch unkundigen Besitzer. Besonders seine Vorliebe für das Graben von Löchern, vorzugsweise im gepflegten Rasen, stößt bei denen auf wenig Gegenliebe. So versuchen sie es beispielsweise mit einer Hundeschule. Wombat kommt aber gar nicht auf Idee, sich wie die seiner Meinung nach dummen Hunde zu verhalten. Als schließlich alle Erziehungsversuche gescheitert sind, muss Wombat in einen Käfig. Er hadert wenig mit seinem Schicksal, bis er einen ganz besonderen Stein mitten in seinem Zwinger entdeckt. Ein Stein vom heiligen Berg Uluru! Wombat ist außer sich und beschließt, den Stein sofort zurück nach Australien zu bringen. Nur so kann er Eva und Chris von dem großen Unglück bewahren, dass man auf sich zieht, wenn man den Uluru oder einen Teil dessen berührt.

Und so überwindet Wombat mühelos den für ihn errichteten Zaun und macht sich auf den Weg in sein Heimatland. Unterwegs begegnet ihm so manch ungewöhnlicher Zeitgenosse und lässt die Reise zu einem abenteuerlichen Erlebnis werden. Leider kennt Wombat den Weg nach Australien nicht und weiß auch nicht, wie weit es weg ist. Und so steht lange nicht fest, ob Wombat seine wichtige Mission erfüllen kann.

Thilo Reffert schafft mit Wombat ein auf den ersten Blick naiv anmutendes Tier. Durch die Wiedergabe seiner kommentierenden und völlig unreflektierten Gedanken aber, wirkt nicht etwa das Tier, sondern die Welt und besonders die Menschen um ihn herum, ziemlich ahnungslos. Unterstützt wird dieser Eindruck durch Refferts sehr eingängigen und leicht verständlichen, aber umso wortwitzigeren Sprachstil. Es gelingt ihm seinen Humor scharfsinnig einzusetzen, sodass er nie deplatziert wirkt.

Veranschaulicht wird Wombats Reise durch viele kleine und große Illustrationen, die sich sehr harmonisch in die mit sehr sprechenden Überschriften versehenen Kapitel einfügen.

Kinder fast allen Alters finden in diesem Buch eine fesselnde Geschichte und einen Protagonisten, über den man herzlich kann. Erwachsene entdecken dahinter zusätzlich viele subtile Andeutungen und ein wenig, mit einem Augenzwinkern hervorgebrachte, Kritik an allzu großer Ernsthaftigkeit im Lebens.

 

 

Thilo Reffert: "Australien, ich komme"

Little Tiger Verlag 2012

144 Seiten, € 9,90

ISBN 978-3931081829

 

 

 

 

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 105:

Wir kennen den ersten Band von die Pappenheimer. Hält die Serie das Niveau?

 

Antwort 105:

 

Voller Ideen

Jörg Hilbert: "Die Pappenheimer und der Reißwolf"

Von Anne Spitzner

 

Die Pappenheimer, das sind Leute aus Papier. Sie wohnen im Hobbykeller von Florentine, und außer Florentine und ihren Freund Quintus weiß kein Mensch, dass es sie gibt. Liebe- und fantasievoll beschreibt Jörg Hilbert die kleine Stadt Pappenheim, die sie im Hobbykeller bewohnen, sprüht dabei vor Ideen und Wortwitz. Jeder Pappenheimer trägt einen Namen, der sowohl mit Papier als auch mit seinem Wesen zu tun hat: Der Schaffner Löchli, der Amtmann Drucksach und der Fremdenführer Wundertüt.

Fräulein Schnipsel hat gerade Besuch von ihrem Freund Skarabäus und dessen Tochter Skarabienchen, als es passiert: Skarabienchen fliegt aus Versehen (denn normalerweise fliegen Mistkäfer wie sie nur im Notfall!) mit zwei Kindern (oder, wie die Pappenheimer sagen: Neuerscheinungen) aus dem Hobbykeller und ist verschwunden. Schnipsel und Skarabäus machen sich mit Unterstützung der Papierfliegerstaffel von Pappenheim auf die Suche nach den Vermissten und erleben dabei einige Abenteuer.

Schließlich kommen sie nach Papperlapapp, einer gigantischen Papiermetropole. Werden sie die beiden Neuerscheinungen dort wiederfinden? Und was hat es mit dem Reißwolf auf sich, vor dem alle solche Angst haben?

Die Beantwortung dieser Fragen wird in Hilberts Buch ganz schnell zur Nebensache. Viel faszinierender ist die Welt der Pappenheimer, eine Welt aus Papier, die direkt neben der unseren existiert, ohne dass wir sie jemals zu sehen bekommen. Nur einen kurzen Blick können wir hineinwerfen, und das ist dank Hilberts lebendiger Schilderungen und seinen detailreichen Illustrationen, die im Übrigen genauso zum Schmunzeln anregen wie seine Texte, ohne weiteres möglich. Das ganze Buch steckt so voller Ideen, dass man, wenn man es zuklappt, das Gefühl hat, es sei viel zu dünn für all das, was in ihm steckt, und man würde die Welt der Pappenheimer ganz genau kennen.

Zum Glück gibt es ein weiteres Buch über die Pappenheimer, das ich dann wohl als Nächstes lesen werde – diese Leute sind wirklich ein Muss für alle, die sich an Sprachwitz, Erfindungsreichtum und Liebe zum Detail freuen können. Im Buch kann Quintus einen in der Zeitung eingesperrten Pappenheimer befreien, indem er ihn ausschneidet – in Wirklichkeit funktioniert das leider nicht. So bleiben die Pappenheimer im Buch – aber andererseits können sie dann auch nicht einfach wegfliegen, oder?

 

Jörg Hilbert: "Die Pappenheimer und der Reißwolf"

Carlsen Verlag 2009

144 Seiten, € 9,95

ISBN 978-3551270672

 

 

 

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 104:

Wir haben die "Muddeldings" geschenkt bekommen. Zum einen bin ich (Ingenieur) nicht vom Fach, zum anderen kann ich aus Zeitmangel nur quer lesen - aber mein Eindruck ist kein guter. Persönlich habe ich erlebt, wie wichtig es ist, schon als junger Leser an der Geschmacksbildung zu arbeiten; dafür ist es schnell zu spät.  Daher: Was meinen Sie als Literaturkritiker zu den "Muddeldings"?

 

Antwort 104:

 

Etwas zäh

Katja Kiefer: Die Muddeldings – Chaos im Kinderzimmer

Von Steffen Wunder

 

Max und sein Hund Pepper sind sehr unordentlich. So kommt es, dass ihr Zimmer immer unübersichtlicher und dreckiger wird. Doch eines Tages stehen drei haarige Gestalten vor der Tür, die Muddeldings. Und sie fühlen sich wohl in all dieser Unordnung. Sie stiften Max sogar dazu an, noch unordentlicher zu werden. Seine Mutter nimmt das stillschweigend hin und erfährt von einer Nachbarin, dass auch sie vor Kurzem die Muddeldings hatte. Max’ Zimmer wird immer unübersichtlicher. Müll, Kissen, Klamotten und Essensreste stauen sich, bis Max Pepper eines Tages in der Höhle von Schlampigkeit nicht mehr finden kann. Besorgt um seinen Hund gelingt es ihm, ihn zu finden und zu befreien. Zunächst waschen sie sich selbst, dann wird das Zimmer aufgeräumt und gereinigt. Das finden die Muddeldings gar nicht angenehm und verschwinden wieder.

Dass Ordnung im Leben wichtig, kann man nicht früh genug lernen. Wer unordentlich ist, findet wichtige Sachen nicht mehr, verlernt Verantwortung zu übernehmen und wird mit der Hygiene im Haus Probleme bekommen. Diese Aussage ist im Buch nicht schwer zu übersehen, auch wenn sie etwas simpel vermittelt wird und nicht ganz ohne moralischen Zeigefinger auskommt. Doch was in dieser Hinsicht gut dargestellt ist, ist, dass die Muddeldings keine erkennbar bösartigen Wesen sind, die das Kind bedrohen. Sie verführen den Jungen elegant auf mephistophelische Weise, noch mehr Unordnung zu schaffen. Weil er sie als Freunde sieht, erkennt er nicht die Gefahr. Die Lektion lernt er selbst. Die Konsequenz, die so dargestellt wird, indem die Redenwendung „In seinem eigenen Müll ersticken“ wörtlich genommen wird, ist eine recht einfache Lösung. Ein realistisches Problem mit der Unordnung wäre zwar weniger anschaulich, dafür aber mit mehr Identifikation verbunden und deshalb trotzdem nicht zu unverständlich gewesen.

Überhaupt wird im Buch vieles bewusst überspitzt ausgedrückt, wodurch aber die Nachvollziehbarkeit der Handlung etwas leidet. Max’ Mutter gibt es bald auf, ihren Sohn daran zu erinnern, sein Zimmer aufzuräumen und tut seine Unordentlichkeit als Phase ab. Doch ist das für Kinder im Vorschulalter normal? Sie macht es wohl eher, weil es für die Handlung notwendig ist und die Muddeldings sonst nicht kommen hätten können. Somit wirkt ihr Verhalten etwas unmotiviert. Aber auch die Tatsache, dass die Eltern des Jungen ohne ihn zu Abend essen, als er mit den Muddeldings in die Küche kommt, wirkt nicht nachvollziehbar. Diese Kleinigkeiten sind störend. Wie das Zimmer nach und nach verdreckt, ist zwar schön dargestellt – jede Art von Essensrest und Kleidungsstück am Boden wird beschrieben –, aber dieser Teil der Handlung hätte durchaus ausführlicher sein können. Der Teil, der die Lösung, nämlich aufzuräumen, beschreibt, ist dafür etwas zu lang dargestellt. Schließlich sollte es ein Moment sein, der entscheidend ist, um das Ende herbeizuführen. Stattdessen ist es eine Zeitspanne, die die Lösung unnötig in die Länge zieht und somit langweilig wirkt. Die Muddeldings sind zwar eindeutig als Karikaturen erkennbar, doch sie wirken sehr unheimlich. Gerade ihre aufdringliche Art und die Machtlosigkeit, sie wieder loszubringen, machen sie gruselig. Aber auch ihre fellbewachsenen Körper und ihre Haltung tragen dazu bei.

„Die Muddeldings“ haben eine Thematik, die bereits für kleinere Kinder interessant ist, auch wenn sie nicht neu ist. Sie wird etwas zäh vermittelt, auch wenn es den ein oder anderen unterhaltsamen und ansprechenden Moment in der Geschichte gibt.

 

Katja Kiefer:

"Die Muddeldings - Chaos im Kinderzimmer"

Lappan Verlag 2011

32 Seiten, € 12,95

ISBN 978-3830311829

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 103:

Mein Sohn (13) hat "Finn released" gern gelesen und sogar mir empfohlen. Ich schwanke in meinem Urteil und würde gern aus Ihrer Redaktion eine strenge literaturkritische Einschätzung hören.

 

Antwort 103:

 

Mittelmaß released

Oliver Uschmann: "Finn released"

Von Ada Bieber

 

Lesen scheint heutzutage bei vielen Jungen nicht gerade hoch im Kurs zu stehen, weshalb Eltern, Lehrer und Bibliothekare stets auf der Suche nach ansprechender Literatur für Jungen sind. Besonders geeignet erscheinen da Bücher, die direkt aus einer „übercoolen Jugend-Jungen-Welt“ kommen, weil sie einen unkomplizierten Einstieg ins Lesen ermöglichen. Es stellt sich allerdings die Frage, ob das zutrifft und welche Art der Lektüre man jungen Lesern wünscht.

Leicht ist diese Frage nicht und sicherlich auch nicht eindeutig zu beantworten. Das lässt sich gut an dem Titel „Finn released“ feststellen, der eindeutig Jungen zum Lesen motivieren soll. Schon das Cover verspricht etwas „ganz Cooles“. Überhaupt scheinen simple Comiczeichnungen, flapsige Sprüche und Anglizismen ein Höchstmaß jugendlicher Realität darstellen zu sollen, in der sich die drei sehr unterschiedlichen Freunde Finn, Flo und Lukas auf eine Quest begeben. Dabei geht es querfeldein, und die drei Jungen müssen sich allen Hindernissen stellen, die sich ihnen in einem Bewegungstunnel von sieben Meter in den Weg stellen. Das sich entwickelnde Abenteuer ist oft lustig und sicherlich für viele Leser unterhaltsamer Lesespaß. Allerdings bleiben die Figuren irgendwie fremd und erscheinen oft konstruiert. Auch die Dialoge, die witzig und spritzig sein sollen, wirken oft nur vorgefertigt und öde. Daher bleibt die Geschichte im absoluten Mittelmaß stecken, ohne dass Ansätze origineller Erzählkunst sichtbar würden.

Dass der Erzähler sich selbst als einen guten Erzähler stilisiert, der das Potential hat, später ein toller Autor zu werden, wirkt außerdem eher pädagogisch und unangenehm selbstverliebt. Da kann einem schon mal das alte Sprichwort einfallen, dass ein Erzähler, der sich selbst lobt, oft sein einziger Zuhörer ist. Das ist diesem Buch allerdings nicht zu wünschen, denn es wird sicherlich eine Leserschaft finden, die sich gern von Finn und seinen Freunden unterhalten lässt. Dem kunstgeneigten jungen Leser sei von der Lektüre jedoch abgeraten.

 

Oliver Uschmann:

"Finn released"

Lowe Verlag 2012

256 Seiten, € 9,95

ISBN 978-3-7855-7403-4

 

 

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 102:

Urlaub und Besuch in Wien - wir suchen nach was Amüsantem für 10-Jährige!

 

Antwort 102:

 

Wien und witzig

Christoph Mauz: "Motte Maroni: Horrorfahrt der Dämonenbahn"

Von Susan Müller

 

Das Geisterschloss ist die Geisterbahn von Oma Fini auf dem Wiener Prater. Ihre Enkel Motte und Vladi plus dessen Käfer und ihr Sohn Schurli sind dort ebenfalls immer zu finden. Doch eines Tages treibt ein Dämon sein Unwesen und es stinkt furchtbar aus allen Ecken, Blitz und Donner richten Schaden in der Geisterbahn an und Onkel Schurli, der Dämonenforscher, macht sich mit dem Rest der Familie Maroni daran, dem Ereignis auf den Grund zu gehen. Und dann ist da noch Meier, Mottes bester Freund. Der wird vom Dämonen gefangen gehalten, weil er seine ewige Ruhe finden will. Doch Meier lässt sich so schnell nicht einschüchtern. Somit erhalten die Maronis die Gelegenheit ihn zu befreien, indem sie den Dämon überlisten. Und nun ist er in seiner Gräßlichkeit die Attraktion der Geisterbahn, die nun Dämonenbahn heißt.

Ein witziges Buch für Kinder, gut beschriebene Erfindungen aus Kinderhand, die unbedingt die Lachmuskeln zum Einsatz bringen!

 

Christoph Mauz:

"Motte Maroni: Horrorfahrt der Dämonenbahn"

Residenzverlag 2011

124 Seiten, Euro 13,90

ISBN 978-3701720859

 

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 101:

Als Jandl-Fan und Vater würde ich gern wissen: Gibt's Neues?

 

 

Antwort 101:

 

Laut – lebendig – lustig:

Ernst Jandls Gedicht „auf dem Land“ in einer herausragenden Interpretation von Monika Maslowska

Von Ada Bieber

 

Es ist weder neu noch überraschend, dass Lyrik für Kinder im Bilderbuch verarbeitet und dadurch für junge Leser greifbarer und manchmal überhaupt erst zugänglich wird. Doch nicht immer gelingt es auf so eindrucksvolle Weise wie in dem Bilderbuch „auf dem land“, in dem das gleichnamige Gedicht von Ernst Jandl in herausragender Weise von Monika Maslowska in Szene gesetzt wird.

Ganz im Stil des aktuellen, kunstorientierten Bilderbuchs arbeitet auch Monika Maslowska mit Collagen aus gemalten und skizzierten Bildern, Fotos und anderen Materialien, die abstrakte, aber dennoch kindgerechte Illustrationen zu den lautmalerischen Versen Jandls sind. So entsteht ein ästhetisches Gesamtkunstwerk, in dem Sprache und Bilder eine gelungene und heitere Verbindung eingehen, die Kindern einen Zugang zu zwei nicht ganz leichten Bereichen der Kunst ermöglicht: der lautmalerischen Lyrik und den weniger realistischen Illustrationen bzw. Bebilderungen im Buch.

Da ist es sicher auch hilfreich, dass dem hochwertig ausgestatteten Bilderbuch eine CD beiliegt, auf der sich eine Aufnahme des Gedichts von Ernst Jandl selbst gelesen befindet. Das regt an und hilft sicherlich auch den Leseanfängern bei der Sprachbildung. Auch die eingefügten, sprachlich an das Gedicht angelehnten Anregungen durch die Illustratorin lassen dieses besondere Bilderbuch lebendig werden. So schlägt sie dort vor, wo es im Gedicht schnurrende Kater geht: „schlag zwei nägel in ein brett und verbinde sie mit einer schnur. Die schnur sollte gespannt sein. Zupf daran, dann klingt es wie ein schnurrender kater.“ Manchmal fallen ihre Anregungen weit phantastischer aus, beispielsweise wenn sie das Nonsens-Rezept „gans mit rotkraut“ als Anregung gibt. Doch immer heben diese kleinen Texte auf die kindliche Phantasie und den kindlichen Spieleifer ab, und das macht das Bilderbuch besonders sympathisch. Es ist daher eine Empfehlung für alle Kinder und Familien, die sich mal wieder echte Buchkunst gönnen wollen. Besonders vielleicht dann, wenn der Urlaub auf dem Land in diesem Jahr ausfällt und man trotzdem auf das Landleben nicht verzichten mag!

(Ab 4)

 

Ernst Jandl:

"auf dem land"

Mit Illustrationen von Monika Maslowska

mixtvision Verlag 2012

17,90.-, 32 Seiten

ISBN 978-3-939435-49-5

 

Von der Rezensentin ist zuletzt das Essay erschienen: „Kunst im Bilderbuch oder Über die Notwendigkeit einer ästhetischen Kompetenz" (Autumnus Verlag)

 

Hoch

 

 

 

Frage 100:

Ich suche ein Kinderbuch über Adoption aus dem Ausland!

 

 

Antwort 100:

 

Sehr einfühlsam

Jana Frey: "Mit Salome sind wir komplett"

Von Carolin Kotsch

 

Salome wurde, wie viele andere afrikanische Kinder, als neugeborener Säugling ausgesetzt. Nun lebt sie in einem Waisenhaus in Äthiopien. Dort mag sie eigentlich nur Elias, die kleine Ziege Nuug und die Köchin Hiwot und ist eigentlich ganz zufrieden. Doch plötzlich wird Elias adoptiert und verschwindet nach Deutschland. Salome fühlt sich schrecklich allein und ist überhaupt nicht erfreut, als auch für sie Eltern gefunden werden. Sie will ihr geliebtes Afrika nicht verlassen. Als sie schließlich doch in Deutschland ankommt, erscheint ihr alles fremd: ihre neue Familie, der ständige Regen, das Essen. Auch Jonathan ist nicht gerade begeistert über die neue Schwester, denn eigentlich hätte er lieber einen Hund gehabt. Außerdem hat er auch so genug eigene Probleme. Salome hat nach ihrer Ankunft lange Zeit eine unfassbar große Sehnsucht nach Äthiopien, die sich erst ein wenig legt, nachdem sie eine unvermutete Bekanntschaft macht und sich endlich mit ihrem neuen Bruder anfreunden kann.

Jana Frey ist mit ihrem Buch "Mit Salome sind wir komplett" ein großartiges Kinderbuch gelungen. In einer sanften, fast melodischen Sprache mit vielen wohlklingenden Wortzusammensetzungen beschreibt sie eingehend die Probleme und Gefühle, die sich im Zusammenhang mit einer Adoption ergeben können. Dabei bezieht sie beide Perspektiven ein, die des Adoptierten und die der Adoptierenden. Damit ist das Buch sehr gut für Kinder geeignet, die behutsam an die Thematik herangeführt werden sollen. Aber auch alle anderen Leser zwischen 8 und 12 Jahren werden Spaß an der Lektüre haben, denn das ernste Thema wurde nicht etwa schwermütig, sondern sehr einfühlsam dargestellt. Jana Frey schreibt nie aufgesetzt. Vielmehr spürt der Leser ein gut recherchiertes Hintergrundwissen, das verschiedene Denkweisen zulässt und an vielen Stellen zum Nachdenken anregt. Verstärkt wird dies durch Freys Vermögen, sich in ein Kind hineinzuversetzen und schöne, unerwartete Begebenheiten in das Geschehen einzubauen.

 

Jana Frey:

"Mit Salome sind wir komplett"

Mit Illustration von Dagmar Henze

Ueberreuter 2012

135 Seiten, Euro 9,95

ISBN 978-3800055876

 

 

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 99:

Zum Thema "Zusammenleben von Deutschen und Türken" und "Islamismus" etc. habe ich "Regionalexpress" im Internet entdeckt. Ich bin mehr als unsicher - mich interessiert Ihr Urteil. 

 

Antwort 99:

 

Kofferbombe

Agnes Hammer: „Regionalexpress“

Von Bettina Meinzinger

 

 

Max, 19 oder 20 Jahre alt, ist angenervt von mehreren Schulwechseln, pickelig, isoliert und zornig. Seine Zeit vertreibt er sich bei zugezogenen Vorhängen mit Chips, Cola und Computerspielen auf seinem Zimmer. Bis er den Moslem Adil, oft auch nur „der Türke“ genannt, kennenlernt, als der im Zug von zwei Nazis belästigt wird - die Max verprügelt. Mit Adil, der im Kiosk seiner Eltern aushilft und so wunderschön weiche Augen hat, besucht er die Moschee, gerät in Kontakt mit einer islamistischen Terrorzelle, konvertiert, schließlich plant er ein Bombenattentat im Regionalexpress zwischen Düsseldorf und Köln. Paula, seine 17-jährige Schwester, treibt zwischen romantischen Gefühlen zu Adil, Theater-AG, Anti-Atomkraft-Engagement und Ponyhof. Seine Eltern sind dauergrinsende, in weite fließende Gewänder gekleidete, von Engelsenergie durchflutete Zombies, die in ihren Seminaren durch Handauflegung und gesegnete Raumsprays Dämonen vertreiben. Burak Altuntas, der Onkel von Adil, ist der gut integrierte Türke, dankbar, in Deutschland eine so gute Ausbildung genossen haben zu können. Wäre er in seinem Dorf in der Türkei geblieben, würde er heute Oliven ernten und abends faul rumsitzen! Burak ist ein ehemaliger Studienkollege von Kemper, der jetzt beim Verfassungsschutz arbeitet. Seit dem Tod seiner Frau zweifelt er jedoch an seiner Arbeit. Jetzt aber wird er auf den islamistischen Hassprediger Mohammad angesetzt, der sich im Umfeld der Moschee, die Burak gelegentlich besucht, aufhält.

Tiefe Gedankengänge oder vielschichtige Charaktere sind die Stärke dieses Buches nicht. Hier werden der RCDS zu einer links-revolutionären Organisation und die Jusos zu Ultralinken, die sich im Grunde nicht von Islamisten unterscheiden („Erinnert mich ein bisschen an diese Hardliner von früher, im Asta“, sagt Burak an einer Stelle) und Mädchen fürchten sich vor Horrorfilmen. Max ist dumpf und muffig; wie er in kürzester Zeit zum überzeugten Islamisten wird, bleibt schleierhaft. Die Klischees und Stereotype, die Agnes Hammer in ihren Thriller packt, sind mindestens genauso wenig für (junge) Leser zu empfehlen wie eine Kofferbombe.

 

Agnes Hammer:

„Regionalexpress“

270 S., Euro 12,95

Script5 2012

ISBN 978-3839001301

 

 

 

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 98:

Ich suche ein Bilderbuch über Freundschaft, das Qualitätsansprüchen genügt!

 

Antwort 98:

 

Dynamische Bilder und eine lehrreiche Geschichte über echte Freundschaft

Nancy Walker-Guye: "Wenn der Bär ins Wasser springt"

Von Ada Bieber

 

Die Bilderbuchwelt der kleinen Bücherfans ist zumeist eine helle narrativ-phantastische Welt, die visuell eher realistisch als phantastisch-verfremdet anmutet, in der niedliche Tiere oder Menschen zentralen Problemen begegnen und diese meist gemeinsam lösen. Diese Einfachheit und Klarheit der Darstellung ist für Vorschulkinder wichtig auf dem Weg, sukzessive eine eigene narrative und ästhetische Kompetenz auszubilden. Die Bilder sollen ebenso wie der Text Vertrauen schaffen, Identifikationen ermöglichen und zentrale Erkenntnisse mit einem glücklichen Ausgang der Geschichte verknüpfen. Alle diese Kriterien erfüllt das neuste Bilderbuch von Nancy Walker-Guye und Roberta Angaramo aufs Vortrefflichste. In der Geschichte „Wenn der Bär ins Wasser springt“, die im Schweizer Aracari Verlag erschien, erzählen große, farbige Bilder und ein einfacher, stark durch Dialoge geprägter Text, von Bo, dem verspielten Bären. Bo muss lernen, dass egoistisches Verhalten seine Freunde vertreibt, und dass stattdessen freundschaftliches Teilen gemeinsames Glück bedeutet. Glaubt der Bär zunächst, es wäre etwas Besonderes, ein Wasserbecken nur für sich allein zu haben, so merkt er schnell, dass es dort ohne die Freunde doch sehr einsam werden kann!

Die großen Bilder, die über den Text dominieren, bestechen durch Farbigkeit, Größe und dynamische Bewegung, sodass der Handlungsverlauf sowohl in den großen Bildern, aber auch in kleinen Begleitillustrationen wunderbar visualisiert wird. Da das Buch bereits ab 3 Jahren geeignet ist, können die schauenden Kinder die Geschichte anhand der Bilder problemlos verfolgen und verstehen. Text und Bild gehen somit ein fruchtbares und sich gegenseitig ergänzendes Verhältnis ein! Die Expressivität der Bilder kommt vor allem dort zum Tragen, wo über zwei Bilderbuchseiten Bewegung ästhetisch eingefangen wird – beispielsweise wenn der Bär Bo sich in seinem Wasserbecken suhlt oder dann, wenn man außer nach allen Seiten spritzendes Wasser nichts mehr sieht, weil der Bär mit voller Wucht ins Wasser springt! Hier wird auch die Öffnung in ästhetisch-kreative Darstellungsweisen greifbar. Roberta Angaramo traut ihren jungen Betrachtern hier schon ein Abstraktionsvermögen zu, ohne sie jedoch zu überfordern. Auch durch ungewöhnliche Perspektiven – wie beispielsweise die Vogelperspektive – öffnet sie für die junge Rezipienten neue Betrachtungsmöglichkeiten und fördert somit die Bildkompetenz.

Dieses Bilderbuch eignet sich bestens sowohl fürs Vorlesen als auch fürs Anschauen und bietet alle Vorzüge eines Bilderbuchs für das Kindergarten- und Grundschulalter. Es sei daher allen empfohlen, die ihren Kindern eine lehrreiche Geschichte und unterhaltsame Bilder bieten möchten.

 

Nancy Walker-Guye:

"Wenn der Bär ins Wasser springt."

Mit Illustrationen von Roberta Angaramo.

Aus dem Englischen von Andrea Lüthi.

aracari verlag 2012

36 Seiten,. Euro 13,90

ISBN 978-3-905945-24-9

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 97:

Ich kenne Finn Ole Heinrich nur als Autor für Erwachsene. Können Sie mir etwas zu seinem Werk für Kinder vorstellen?

 

Antwort 97:

 

Kann man im besten Sinne als "witzig" bezeichnen

Finn Ole Heinrich: "Frerk, Du Zwerg!"

Von Bettina Meinzinger

 

Ein Kind, dessen Mutter die Familie mit immer neu erfundenen Allergien terrorisiert, dem Süßigkeiten verboten sind, jeden Tag gesundes Müsli frühstücken muss, und in den Pullundern und Strickjacken wie sein apathischer Vater aussieht, kann schon mal eine Neurose entwickeln.

Insgeheim sagt Frerk zwanghaft Wörter, die er nicht sagen darf, Rülpsplörre und Fressforke zum Beispiel. Manchmal erfindet er auch einfach welche. Eigentlich wünscht er sich einen Hund, voll mit Flöhen, Dreck und Bakterien. Stattdessen findet er ein Ei, ein buntes Ei.  Daraus schlüpfen: Zwerge.

Diese Zwerge nun machen alles, was Frerk nicht darf. Unverständliches Zeugs reden, Unordnung im Kinderzimmer, mit den Köpfen gegen harte Gegenstände schlagen, ins Müsli kacken. Die Unbeschwertheit dieser bizarren kleinen Wüteriche wirkt ansteckend. Für ein Kind, das nie etwas darf, kann das mehr sein, als es verkraftet. Die neugewonnene Freiheit lässt Frerk im Winter kurze Hosen tragen, in Zwergensprache reden, „brät brät“-rufend dem Schulbully Andi Kolumpeck einen Apfel an den Kopf werfen.

„Frerk, du Zwerg“  kann man im besten Sinne des Wortes als witzig bezeichnen, zeigt Kinder und Erwachsene mit ihren mehr oder minder großen  Macken und ist eine Mahnung an Eltern, die immer nur das Beste für ihre Kinder wollen, dabei aber (fast) alles falsch machen.

 

Finn-Ole Heinrich, Rán Flygenring: "Frerk, Du Zwerg!"

Bloomsbury 2011

96 Seiten., Euro 16,00

ISBN 978-3827054760

 

 

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 96:

Es interessiert uns Ihr Urteil zu "Oskar und Mathilda" von Patricia Schröder!

 

Antwort 96:

 

Geheimversteck im Gartenhäuschen

Patricia Schröder: "Oskar und Mathilda. Ein Stiefel voller Glück"

Von Anne Spitzner

 

Oskars Vater ist plötzlich verschwunden. Weil seine Mutter und er keine Nachricht von ihm erhalten, ziehen sie aus ihrer alten Wohnung aus und in das Gartenhäuschen von Opa Heinrichen. Der ist der Sonderling in einem reichen Viertel, den Nachbarn ein Dorn im Auge, weil er Brennnesseln und Löwenzahn auf seinem Grundstück wachsen lässt und nicht so piekfein ist wie die anderen Anwohner. Schnell lernt Oskar Mathilda kennen, seine neue, gleichaltrige Nachbarin, die einen IQ von hundertfünfzig hat und der ihre reichen Eltern, die sie der Fürsorge bezahlter Angestellter überlassen, auf die Nerven gehen. Sie schleicht sich regelmäßig rüber zu Opa Heinrichen, in dessen Gartenhäuschen sie sich ein Geheimversteck eingerichtet hat – und ist dementsprechend überrascht, dass dort plötzlich Oskar und seine Mutter wohnen. Doch die beiden freunden sich schnell an, und als es gilt, Opa Heinrichen vor einer Intrige zu retten, treten sie gemeinsam in Aktion.

Wie es Oskar und Mathilda gelingt, mit Hilfe eines Gummistiefels und viel Klopapier den Täter zu stellen, ob Oskar seinen Vater nochmal wiedersieht und ob die piekfeinen Nachbarn ein wenig lockerer werden, das erfährt man erst am Ende des Stiefels voll Glück. Doch es dauert ein wenig, bis es soweit kommt. Das Schöne an diesem Buch ist, dass man es sowohl Kapitel für Kapitel als auch in einem Rutsch durchlesen kann und trotzdem den Faden nicht verliert; nur am Ende, wenn es dann richtig spannend wird, fällt es schwer, es aus der Hand zu legen. Am Ende, so viel sei verraten, löst sich das meiste – nicht alles! – in Wohlgefallen auf. Das ging mir persönlich ein wenig zu schnell und zu problemlos; nachdem der Täter ertappt war, sah die Welt plötzlich für (beinahe) alle Beteiligten rosarot aus, was mir ein wenig konstruiert vorkam. Das geht wahrscheinlich nicht allen Lesern so. Abgesehen davon, und das ist ja nur ein kleiner Kritikpunkt, ist „Oskar und Mathilda“ eine schöne Geschichte über Freundschaft, Familie und Füreinander-da-sein. Dass Oskar in Mathilda und Opa Heinrichen neue Freunde findet, tröstet ihn ein wenig über seinen Vater hinweg und zeigt, dass es immer weitergeht im Leben. Und das Abenteuer, das er mit Mathilda erlebt, ist wirklich sehr spannend. Oskar und Mathilda sind sehr unterschiedlich und ergänzen sich großartig: Mathilda ist schlau, spontan und aufgedreht, Oskar dagegen der Ruhigere von beiden, der seine neue Freundin von Zeit zu Zeit an den richtigen Stellen bremst und sie zum Nachdenken bringt.

„Oskar und Mathilda“ ist ein lesenswertes Buch für kleine Freunde von Detektivgeschichten und Freundschaften, und mit Oskar und Mathilda kann man leicht Freundschaft schließen.

 

Patricia Schröder:

"Oskar und Mathilda. Ein Stiefel voller Glück"

Coppenrath 2010

221 Seiten, Euro 12,95

ISBN 9783815751381

 

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 95:

Mein Kind soll von Anfang an mitbekommen, dass es so sein soll, wie es ist, und dass es sich dem Wahn, schon Kindergarten „gebildet“ und geprüft werden zu müssen, gegenstellen kann. Mit welchem Buch kann ich ihm den Rücken stärken?

 

Antwort 95:

 

Sein, wie er ist, sein, wie er will

Solveig Thorwart: „Vom kleinen Vogel, der nicht singen wollte“

Von Susan Müller

 

Allerliebstes Kinderbuch, in dem gezeigt wird, dass nicht nur das Singen, Jubeln oder Lärmen wichtig ist, sondern auch das Zuhören. So begründet der kleine Vogel den anderen Vögeln, warum er nicht ständig herumzwitschert. Als er dem Raben und den anderen erzählt hatte, dass er ihnen gern zuhört -genauso wie dem Rascheln der Mäuse und dem Wald-, da verstanden sie ihn, und dem kleinen Vogel war es eine Last, von den Schultern genommen. Er darf sein, wie er will, und er wird trotzdem geliebt. Mit dieser Aussage steht dieses schön illustrierte Bilderbuch fast allein da in einer Kinderwelt, die von Leistung und Erwartung bestimmt wird. Fast allein! Eltern, die für ihre Kinder anderes wollen als ein (zudem in sich zusammenstürzendes) Effizienzdenken, haben mit dem „Vogel, der nicht singen wollte“ das Bilderbuch für sich und ihre Kinder!

(Ab 3)

 

Solveig Thorwart: „Vom kleinen Vogel, der nicht singen wollte“

Mit Bildern von Samadhi Holm

Anahita Verlag 2008

Broschiert, 20 x 19,8 x 0,6 cm

20 S., Euro 6,90

ISBN 978-3937797205

 

Hoch

 

 

Frage 94:

Mein Sohn liest nichts außer "Greg", und ich möchte ihm nun auch einmal ein erzählendes Kinderbuch kaufen, das ihm zeigt, dass Bücher auch jenseits der Comic-Romane lustig sein können. Es soll ihm außerdem beweisen, dass Bücher nicht entweder aussageschwer wie Schullektüre sind oder aber nur angestaubtes Zeug beinhalten. Was empfehlen Sie?

 

Antwort 94:

„Beißen verboten“ von Fabian Schiller ist ein lustiger Beitrag zu gleich zwei nun so gar nicht angestaubten Themen: Vegetarier und Vampire. Der Held in diesem Buch, seines Zeichens Vampir, darf kein Blut saugen - o Schreck! Dem nicht genug, am Ende eines jeden Kapitels steht ein Witz zum Schlapplachen. Das lockert die Lektüre auf, und Lesefreude durch Riesenspaß kommt auf jeden Fall auf.

 

 

Fabian Schiller:

"Beißen verboten!"

Aus der Reihe: „Lach dich schlapp!“

Thienemann Verlag 2011

128 S., € 8,90

ISBN 978-3-522182-70-6

 

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 93:

Ein Buch suche ich, das von Chaos zuhause und einem phantasievollen Mädchen erzählt!

 

Antwort 93:

 

Vom Blödsinn machen

Thad Krasnesky, David Parkins: „Ich mach, was ich will – ich bin doch noch klein!“

Von Iris Kersten

 

Lara ist drei Jahre alt und die Ich-Erzählerin des Buches. Nachdem sie versehentlich eine Packung Orangensaft über Papas Hose vergossen hat und danach von Mama in Schutz genommen wurde („sie ist ja erst drei Jahre“) stapft sie los, um ihre Grenzen auszutesten: ärgert den Bruder und nimmt ungefragt die Sachen der Schwester. Soweit so gut, Mama hat Verständnis: sie ist ja noch klein, doch als sie beim Pirat spielen das ganze Wohnzimmer verschmutzt „Piratenköniginnen müssen manchmal Dreck machen“ gibt es keine Nachsehen mehr und Papa zwingt sie zum Staub saugen (obwohl sie doch erst drei ist). Und auch Mama verdonnert sie nach ihrem samstäglichen  Eis-Nüsse-und-Schokoladenfrühstück (die Eltern liegen noch im Bett) zum Saubermachen, „obwohl Mama viel schneller putzen kann als ich“. Und so geht es lustig weiter bis die Eidechse im Puppenbikini durch die Gegend läuft und das Haus unter Wasser steht. Der Spaß hat ein Ende. Das sieht auch Lara ein, die letztendlich bereitwillig auf ihr Zimmer geht, um dort zu warten, bis sie vier Jahre alt wird.

Ein Buch, in dem sich sowohl Eltern als auch Kinder wiederfinden können. Wirklich nett ist der Blickwinkel aus der Sicht Laras, wie sie sich bewusst ist, der Dinge, die sie tut: „Und ich mache eine winzig kleine Szene“ oder „Ich schaue Mama ganz besonders lieb an ...“ Thad Krasnesky macht hier den Eltern klar, wie gewieft die Kleinen sind, aber zeigt denen gleichzeitig, dass die Eltern darum wissen.

Die Geschichte lebt vor allem durch die Bilder von David Parkins. Diese geben auf geradezu spritzige Art und Weise die verschiedensten Gefühle wieder – vor allem die von Lara natürlich. Mir persönlich gefällt dabei die überwältigte Rieseneidechse im Bikini am besten.

Meine Kinder (fünf und drei) finden dieses Buch so besonders attraktiv, weil Laras Erfindungsreichtum im Blödsinn machen einfach unendlich ist.

Tatsächlich hat das Buch auch noch pädagogische Aspekte, wie  „Grenzen setzen ist wichtig“ usw., aber das ist keineswegs der Grund, warum ich dieses Buch empfehlen möchte.

Für Eltern und kleine Frechdachse (oder die, die es noch werden wollen) ab drei Jahren.

 

Thad Kasnesky, David Parkins: „Ich mach, was ich will – ich bin doch noch klein!“

Lappan Verlag 2011

40 Seiten, 12,95 Euro

ISBN: 978-3830311676

 

 

Hoch

 

 

Frage 92:

Die Probleme in der Schule neben überhand, unsere Tochter (6. Klasse) bricht darüber förmlich zusammen. Ich möchte ihr ein Buch in die Hände geben, das ihr Mut macht, ihren eigenen Weg zu gehen.

 

Antwort 92:

Eigenes Tempo, eigene Freiheit!

David Almond: "Mina"

 

(librikon) Mina schildert aus ihrer Perspektive, was sie schön findet, wie sie lebt, worüber sie nachdenkt. Und sie denkt viel nach, über vieles und das sehr ernsthaft. Damit haftet ihr das Adjektiv „komisch“ an. Obwohl sie einfach eine intelligente Individualistin ist! In dieser Welt führt es für Mina so weit, dass sie von der Schule fliegt. Doch ihre Mutter steht zu ihr, und Mina beginnt nach einer Odyssee, zuhause zu lernen. Auf einmal macht sich ein Frieden und eine Freude breit für Mina, sie hat Zeit zum Träumen und für Nonsens. Einfühlsam erzählt der Autor von einem Kind, das die Freiheit bekommt, sich nach dem eigenen Tempo und den eigenen Talenten zu entwickeln.  

(Ab 10)

 

David Almond:

Mina

Aus dem Englischen von Alexandra Ernst

Ravensburger 2011

254 S., € 14,95

ISBN 978-3473368-20-4

 

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 91:

Ich suche für meinen Sohn, 7 Jahre, ein nicht allzu dickes, lustiges Buch.

Da ich einfach kein passendes Buch auf dem Buchmarkt finde, das dazu auch noch anspruchsvoll ist, brauche ich Beratung. Hätten Sie eine Idee?

 

Antwort 91:

Auf nette und lustige Weise

Hilary McKay: „Charlie zieht aus“

Von Miriam Schneider

 

Die Reihe "Charlie" ist sehr zu empfehlen, besonders das Buch aus der Serie mit dem Titel:„Charlie zieht aus“: Charlie reicht es mit seiner Familie, er läuft weg. Unter Weglaufen versteht man eigentlich, weit in die Welt hinaus zu laufen - so auch Charlies schreckliche Familie. Dass Charlie erst im Garten und, ein paar Häuser weiter, bei seinem besten Freund ist, weiß nur Henry, der beste Freund. Charlies Familie vermisst ihn zuerst nicht mal, mit der Begründung: So schön still! Aber zum Ende hin sehnt sich sogar Charlies Bruder Max nach ihm. Umgekehrt ist es aber auch so: Charlie vermisst seine schreckliche Familie!

In dem Buch wird auf nette und lustige Weise das Leben eines Jungen beschrieben. Und zwar aus eben dieser sehr witzigen Kindersicht. Bei der man sich vor Lachen krümmen muss.

Es ist zum Vorlesen, wie auch zum Selberlesen, für Kinder ab 6 Jahren gut geeignet.

Das Buch ist angenehm dünn und leicht zu lesen, aber anspruchsvoll ist es dennoch, schon vom Design her und auch von den Bildern.

 

Hilary McKay: „Charlie zieht aus“

Fischer Verlag 2009

80 Seiten, 9,95  Euro

ISBN: 978-3596853458

 

 

 

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 90:

Wir sind Elfenfans!

Haben Sie ein rundum originelles Buch für uns, das wir garantiert noch nicht kennen?

 

Antwort 90:

Vom Schicksal der Elfen

Hanna Zeiß: „Elfenwind“

Von Iris Kersten

 

„Vor hunderten von Jahren lebten viele kleine Elfen in einem Dorf. Doch dann kam ein heftiger Wind. Damit veränderte sich ihr ganzes Leben.“

Schon aus den ersten Zeilen des selbst illustrierten Bilderbuches kann man die tiefe Poesie wahrnehmen, mit der die damals achtjährige Autorin Hanna Zeiß (Jahrgang 1999) diese Geschichte geschaffen hat.

In eben diesem Dorf lebten nun Fojer und Felice, Geschwister, die es satt haben, ständig mit dem Wind umziehen zu müssen. Schließlich ist dieses hier schon ihr 545. Zuhause. So entscheiden sie, sich allein auf den Weg zu machen, um ein sonnigeres Zuhause zu finden, eines von dem sie nicht ständig wieder fortgeweht werden. Leider können sie sich nicht von ihren Eltern verabschieden, da diese sie sicher nicht gehen lassen würden. Also schleichen sie sich während des Abschiedsfestes (vor jedem Umzug gibt es solch ein Fest) schweren Herzens davon.

Dies ist die Szene, mit der die jüngeren Kinder nicht so einfach fertig werden. Die Traurigkeit berührt sie mitten im Herzen. „Als die beiden aus dem Zelt gingen, schaute Filice noch ein letztes Mal ihre Mutter und ihren Vater von weitem an. Dann winkte sie, obwohl sie keiner sah.“

Doch da ist Silvikus, der das Verschwinden der beiden bemerkt hat. Er will den König darüber informieren und zur Suche aufrufen, aber der König hört nicht auf ihn. Zudem kommt der Wind noch früher als erwartet und er muss dafür sorgen, dass sich alle zum Aufbruch bereit auf dem großen Ahornblatt einfinden.

Und so fliegen dann die Elfen auf dem Rücken des Windes zwischen Blitz und Donner ihrer neuen Heimat entgegen. Und wie das nun mal so ist mit dem Wind, er trägt alle in die gleiche Richtung - sogar an den gleichen Ort: ans Meer.  Auch die, die sich heimlich davon machen wollten, jene nur mit ein wenig Vorsprung...

Neben der Melancholie hat das Buch aber auch leichte und lustige Passagen mit einem sonnigen Ende, an dem sich alle wieder treffen (was die jungen Zuhörer dann wieder versöhnt), ohne jedoch den Sinn für die Realität zu verlieren: „Dort lebten sie lange und glücklich … Bis der nächste Windstoß kam.“

Wirklich großartig sind auch die farbenfrohen Elfenzeichnungen, in denen man durchaus die junge Zeichnerin erkennt. Und genau das macht ihren Reiz aus, denn Hanna Zeiß schafft es, in jedem ihrer Bilder die Stimmung der Geschichte widerzuspiegeln.

Ein Bilderbuch für Kinder ab fünf Jahren.

 

Hanna Zeiß: „Elfenwind“

Petra Hennig Verlag 2009

36 Seiten, 16,80 Euro

ISBN: 978-3981285000

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 89:

Für unseren Sohn, 9 Jahre, suchen wir (Katzenliebhaber) Bücher, in dem Katzen eine Rolle spielen.

 

Antwort 89:

Drei Bücher können wir Ihnen empfehlen:

1. Der Kater Max findet sich in einem Versuchslabor wieder. Wer hat ihn dorthin gebracht und warum? Wie ist den anderen Katzen zu helfen? Max flieht in einer spektakulären Aktion. Er lernt Millie, eine überzeugte Tierschützerin kennen, und dann geht das Abenteuer in die zweite Runde. Für Katzenliebhaber -man merkt es schon- ist "Die tollkühne Flucht" genau das richtige Buch!

Das Lesealter ist mit "Ab 12" angegeben, aber auch ein Neunjähriger kann es schon lesen. In manche Details, die sich noch nicht so erschließen, wächst der jüngere Leser hinein. "Die tollkühne Flucht" liest man gern mehr als einmal!

 

Natalie Haynes:

"Die tollkühne Flucht"

Fischer Schatzinsel 2011

Aus dem Englischen von Christian Dreller

303 Seiten, Euro 12,90

ISBN 978-3596854233

 

 

2. Eine Sammlung von netten, kleinen, schönen Katzengedichten, Sinnsprüchen, Kurzerzählungen und Märchen aus aller Welt, die liebevoll zusammengestellt wurde. Jeder Katzenliebhaber, der ein wenig über den literarischen Tellerrand schaut, ist dieses schön gestaltete Buch ein Muss. Die Illustrationen machen so viel Freude wie die Texte!

 

Heinz Janisch (Hg.):

Auf Samtpfoten: Katzengedichte und Katzengeschichten

Mit Illustrationen von Marion Goedelt

96 Seiten, Euro 19,95

Annette Betz 2008

ISBN 978-3219113303

 

3. Über Hanna Johansen: „Ich bin hier bloß die Katze“ schrieb unsere Kritikerin Andrea Bannert (2007): Wem es in die Hände fällt, der kann es schon wegen des Covers nicht mehr weglegen. Hauskatze Ilsebill, ihres Zeichens Protagonistin des Buches, fixiert einen frech mit ihren grünen Augen.

Ilsebill hat es nicht leicht mit ihren Menschen. Zum einen ist da der Hund der Familie. Dieser verursacht nicht nur einen Höllenlärm, er riecht auch streng, besonders wenn es regnet. Aber dann gibt es auch noch das Baby, das Mama eines Tages einfach von einer Reise mitgebracht hat. Es hinterlässt zwar keine Pfützen in der Wohnung und den Briefträger hat es auch noch nicht gebissen, aber das Geschrei ist einfach unerträglich. Dem ist aber nicht genug, denn das Getue der Erwachsenen im Umgang mit dem Baby regt Ilsebill mindestens genauso auf. Schließlich war ein bestimmter Tonfall bisher ihr vorbehalten. Überhaupt benehmen sich die Menschen zu bestimmten Anlässen extrem seltsam. Zu Weihnachten beispielsweise. Grässlich: Unruhe, Feuer und schlechte Luft. Da kann es schon einmal passieren, dass die Katze den Christbaum umwirft und den Lachs stielt. Und dann sind da noch die Urlaubsreisen. Noch grässlicher! Aber wie in allen anderen Dingen des Lebens, hat Ilsebill bezüglich der Urlaubsreisen ihren ganz eigenen Kopf. Sie „weiß nämlich nicht nur was sie will, sondern auch was sie wollen sollte. Und jeder weiß, dass das etwas anderes ist als das, was sie sollen wollte.“ Ilsebill will „auf keinen Fall was sie soll und auf jeden Fall was sie will“. Ob es ihr gelingen wird die Urlaubsreise zu verhindern?

Hauskatze Ilsebill entführt uns in die Welt ihrer Gedanken. Dabei erzählt sie mit viel Wortwitz Anekdoten aus ihrem Katzendasein und tut ihre Meinung über die Menschen kund. Es ist ein leises Buch, das einen mit einem Schmunzeln auf dem Sofa sitzen lässt, mit der anderen Hand, sofern vorhanden, die eigene Katze kraulend. Und dann ist es wirklich schade, wenn das Buch schon nach 126 Seiten zu Ende ist.

(Ab 8)

 

Hanna Johansen:

Ich bin hier bloß die Katze

Hanser Verlag 2007

128 S., 10,00.-

ISBN: 978-3-446-20910-7

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 88:

Ein kleines Buch mit fröhlichem Inhalt, ohne primitiv zu unterhalten, gesucht! Lesealter:

Um die 8

 

Antwort 88:

Hamsterparadies

Christian Bieniek / Marlene Jablonski: "Hamster Hektor – Ein Rollmops auf vier Pfoten"

Von Susan Müller

 

Schade, dass ein Hamster nicht sprechen kann. Aber es ist durchaus interessant, wenn der Leser die Gedanken von Hektor, dem Hamster, nachvollziehen kann. Hektor landet bei einer älteren einsamen Dame, nachdem er zuhause „abgehauen“ ist, weil er sich vernachlässigt fühlt. Im Schnee gelandet und einem Schneeball gleich wird er von einer älteren Frau gerettet. Hektor fühlt sich anfangs wie im 7.Himmel, denn hier bekommt er Futter, richtige Leckerlis, ganz im Gegensatz zu daheim, weil sein Herrchen ihn nicht so regelmäßig bedenkt.

Aber er kann sich bald kaum noch auf die Beine stellen, so vollgefressen ist er. Spätestens jetzt will er nur noch nach Hause, bemerkt er außerdem, dass er, was das Futter angeht, mit dem verstorbenen Hund verwechselt wird.

Herrchen und sein Vater suchen ihn nun bereits, und so schön die Verwöhntage waren, ist Hektor froh, in seinem Heim und den dazugehörigen Familienmitgliedern zu sein. Liebevoll kindgerecht mit dem Hinweis, dass ein Tier versorgt sein will, wird vom Leben des Hamsters Hektor berichtet, der in einer Familie lebt, wie du und ich eine haben oder kennen.

(Lesealter: 8 bis 9)

 

Christian Bieniek / Marlene Jablonski:

"Hamster Hektor – Ein Rollmops auf vier Pfoten"

Mit Illustrationen von Volker Fredrich

Fischer Schatzinsel 2010

92 Seiten Euro 5,95

ISBN : 978-3596808212

 

siehe unten auch die Empfehlung von "Hamster Hektor - Eierlaram" ( Frage 81)

 

Hoch

 

 

Frage 87:

Wir suchen ein Buch, aus dem ich als gebürtiger Dresdner unseren Kindern Geschichten aus meiner Kindheit vorlesen kann!

 

Antwort 87:

Liebevoll zusammengestelltes Lesevergnügen

"Kindergeschichten aus 40 Jahre Kinderbuchverlag"

Von Susan Müller

 

Die Knie anziehen und gemütlich im Sessel zurücklehnen. Dafür ist dieses Buch da, zum kindlichen Vergnügen, auch für die großen Kinder.

Das Entchen, was sich von der Familie entfernt und nur mit viel Mut und Schläue am nächsten Tag wieder auf Mutter und Geschwister trifft, natürlich sehr zu deren Erleichterung. Ein Kinderpaar, für das der Kastanienbaum der Ausgangspunkt ist, die aber trotz dass sie sich mögen, gern voreinander prahlen, bis die Mutter des Jungen von allen Kindern bestaunt wird, weil die den Riesenkran fährt, der neue Wohnungen zaubert und auf die der Junge dann sehr stolz ist und die auch, wenn sie Zeit hat, diese mit ihrem Sohn und seiner Freundin verbringt.

Und wer darf nicht fehlen? Bibi und Schweinchen Jo. Da aber Jo nicht so sehr auf Sonnenblumen-, Kastanien- oder Bucheckersamen steht, die Bibi ihm mittags vorsetzt, versteckt er sie heimlich in den Ritzen von der Litfassäule. Und man glaubt es kaum, als die aus den Ferien bei der Großmutter zurückkommen, blüht es rund um diese. Nun müssen die kleinen Gewächse in den Stadtpark, der jetzt Schweinchen-Jo-Wald heißt.

Es ist einfach nur ein pures, liebevoll zusammengestelltes Lesevergnügen, das in jeder Geschichte einen Sinn hat und trotzdem nicht erzieherisch, sondern spielerisch wirkt.

 

Von Tuppi, Krawitter und Schweinchen Jo:

Klassische Kindergeschichten der DDR

Kinderbuchverlag 2010

251 S., Euro 14,95

ISBN 978-3407770783

 

 

Hoch

 

 

Frage 86:

Bitte ein Urteil zu "Fantje"!

 

Antwort 86:

 

Ein jeder bekommt, was er braucht

Adam Jaromir, Gabriela Cichowska: „Fantje“

Von Iris Kersten

 

„Fantje war schon seltsam. Es war klein, es war weiß und überhaupt viel zu fein.“ Und so hat er weder Lust im Schlamm zu baden, noch auf seinem Rüssel zu musizieren und das Schlimmste: Fanje quengelt. „Kein Wunder also, dass niemand mit ihm spielen wollte.“ So macht er sich eines Tages davon. „Wohin geht man aber, wenn man keinen kennt?“ Zum Glück besitzt Fantje fünf Macadamianüsschen. Und so lässt er sich treiben. “Wo möchte denn das Elefantchen hin? - Das weiß ich selbst nicht. Ich habe hier fünf Nüsschen.“ Er bezahlt mit seinen Nüsschen eine Fahrkarte mit Schülerermäßigung für die Fahrt „über zwei Meere, ein kleines rotes und ein großes blaues, und dann noch ein Stückchen über den Ozean“ bis er Amsterdam erreicht. Dort kauft er für ein weiteres Nüsschen gegen den Hunger ein Törtchen und einen kleinen Diamanten (aus den Bildern erfahren wir, dass es ein Ohrring ist). Am Bahnhof dann geht es weiter: “Wo möchte denn das Elefantchen hin? - Das weiß ich selbst nicht. Ich habe hier drei Nüsschen.“ Aber der Schaffner weiß, wohin die Fahrt gehen soll: nach Meissen. „Für ein Nüsschen. Direkt, ohne Umsteigen“ Am Zielort angekommen gelangt Fantje zu einem Taxistand und das Frage und Antwortspiel wiederholt sich zum dritten Mal. Und ist es nicht wunderbar: Ein jeder weiß, wohin das kleine Elefantchen gehört. Der Taxifahrer bringt ihn in den Porzellanladen, wo er von der liebevollen Verkäuferin bewundert und ins Regal gestellt wird -  zu den anderen kleinen Elefanten, die alle so klein und weiß sind wie er. Hier ist Fantje nun nicht mehr seltsam, hier ist er einer von vielen, besser noch: er ist etwas besonderes mit seinem Diamanten im Ohr. Er hat seinen Platz gefunden für nur vier Nüsschen, aber weil er so höflich ist, schenkt er das fünfte der Verkäuferin.

Die Sprache entspricht in ihrer Einfachheit ganz dem Kindermund, wobei sie durch viele malerischen Adjektive und Wiederholungen sogar einen Hauch von Poesie versprüht. „Und so fuhr Fantje durch grüne Wiesen und dichte Wälder, durch graue Städte und bunte Städtchen.“

Das Buch hat ein Schallplattenhüllen-Format. Die Graphiken von Gabriela Cichowska sind in blass grau, beige und rosa gehalten und bestehen aus unendlich vielen Linien, die in sich ein Ganzes ergeben. Sie zeigen Fantjes Reise: den Weg übers Meer, durch die Straßen, über Brücken bis an sein Ziel.  Der kleine Elefant ist einfach reizend und man wird ihn sofort lieb haben.

Adam Jaromir schreibt eine Geschichte mit einem Augenzwinkern über das anders sein. Mit der Botschaft, dass es auch für die, die nicht der Norm entsprechen, einen Wohlfühlplatz gibt. Denn richtig, wie soll sich ein kleiner Porzellanelefant unter den wirklichen Dickhäutern zurecht finden. Man muss nur Vertrauen haben und sich treiben lassen können - und das alles für nur fünf Nüsschen. Ist das Leben nicht großartig?

Die polnische Illustratorin Gabriela Cichowska erhielt für das Bilderbuch für Kinder ab 3 Jahren  auf der internationalen Jugendbuchmesse in Bologna beim Ragazzi Award 2011 eine lobende Erwähnung (Honorable Mention).

 

Adam Jaromir, Gabriela Cichowska:

„Fantje“

Gimpel Verlag 2010

32 Seiten, 19,90 Euro

ISBN: 978-3981130041

 

Hoch

 

 

Frage 85:

Mir ist eine gute Gestaltung wichtig, ein schönes Bilderbuch soll es sein, und gut geschrieben.

 

Antwort 85:

Beeindruckendes Zusammenspiel

Oliver Jeffers: „Pinguin gefunden“

Von Eva Burghausen

 

Oliver Jeffers’ „Pinguin gefunden“ ist ein in Halbleinen gebundenes Buch, das in den Händen zu halten, großen Spaß macht: Eine wirklich schöne Ausgabe mit herrlichen Illustrationen - die sind so gut, weil sie in ihrer Einfachheit überzeugend sind. Da man sich heute nicht mehr die Frage stellen muss, welche Tiere wieder welche Botschaft transportieren sollen, was weclhe Gefühle auslöst, ist es überflüssig zu fragen, warum gerade ein Pinguin und ein Junge sich begegnen und am Schluss feststellen, dass sie beide einsam sind. Und die Rettungsaktion, den Pinguin an den Südpol zurückzubringen, soll im Endeffekt ein Fehler gewesen sein. Sie brauchen Freunde, sie brauchen sich, und zum Glück kommen sie am Ende wieder zusammen. Durch die Kürze der Sätze und die Schlichtheit der Bilder wird diese Erzählung in ein angenehmes Licht gerückt. Beeindruckend, dieses Zusammenspiel, und sowohl die Einsamkeit des Südpols wie auch die Einsamkeit in einer Industrieland-Siedlung – Oliver Jeffers ist ein geübter Bilderbuchmacher: Durch Schreibstil und Bebilderung lebt eine eher schwache Geschichte auf. So lernt man Literatur und Illustration lieben.

(Ab 3)

 

Oliver Jeffers (Text und Bild):

„Pinguin gefunden“

Aufbau Verlag 2010

32 Seiten, Euro 14,95

ISBN 978-3351041182

 

Hoch

 

 

Frage 84:

Ich suche nach einem freundlichen Urlaubsbuch, das von wirklichen Kinder-Abenteuern erzählt und nicht von den angeblichen Abenteuern, die Eltern ihren Kindern, die sich in x-Flugstunden und geschleckten Flughäfen langweilen, einreden.

 

Antwort 84:

Naturschönheiten

Hermann Mensing: "Räuber, Schattengeister und ein Karpfen im Mühlteich"

Von Susan Müller

 

Erstmal fährt Kutte in den Urlaub, nur wollen seine Eltern nicht wie andere seiner Freunde in die weite Welt hinaus und mit dem Flugzeug nach Mallorca oder ähnlichem, sondern zum Camping. Ein langes Gesicht von Kutte ändert daran nichts, aber je mehr ihm seine Eltern erzählen von ihren Erinnerungen von ähnlichen früheren Urlauben, die sie erlebten, umso gespannter wird Kutte. Doch sein ärgster Feind, die Zeit, sie will und will nicht vergehen. Ein Hoffnungsschimmer ist der zwischenzeitliche Besuch vom Opa, der ihm auch noch einen Gutschein schenkt, der besagt, Kutte muss sich zwei Wochen nicht waschen und keine Zähne putzen.

Die Familie macht nach einem Stau Rast - und es wird eine dauerhafte, denn dort gibt es einen Bauernhof mit einem Bauern, dessen Frau zur Kur ist und dessen Sohn sich allein langweilt.

Kurzerhand wird Urlaub hier gemacht und Kutte ist glücklich. Mit seinem neuen Freund erlebt er allerhand Abenteuer. Eins davon ist der Karpfen im dazugehörigen Mühlteich, der Kutte in seiner Größe und Kompaktheit fast Angst einjagt. Aber die beiden übernachten auch in einem von ihnen zurechtgemachten Erdloch und überstehen Regenphasen, die das Zelten eher ungemütlich machen, aber als der Vater schon fast wetterbedingt abreisen will, bahnt sich die Sonne wieder ihren Weg durch die Wolken.

Kutte hat hinterher viel zu erzählen! Allein das Gewitter unter freiem Himmel! So etwas haben seine Freunde nicht erlebt.

Ein wirklich schönes Buch über die Schönheiten der Natur und darüber, wie ein „Stadtkind“ recht viel Neues dort entdecken kann. Was nicht heißen soll, dass dieses Buch nur für Stadtkinder eine genüssliche Lektüre ist!

 

Hermann Mensing:

"Räuber, Schattengeister und ein Karpfen im Mühlteich"

120 Seiten, Euro 13,90                   

Jungbrunnen, 2011

ISBN: 978-3702658274

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 83:

Ich möchte mit meinem Sohn (drei Jahre alt) mal über die kleinengroßen Themen des Lebens sprechen, ohne dass mir von geschmacklosen rosa Bildchen die Augen weh tun (die eine Sorte Bücher) und ohne über die philosophische Bitterkeit des Lebens in Depressionen fallen zu müssen (die andere Sorte Bücher, die ich bisher gefunden habe).

 

Antwort 83:

Für Kinderaugen

Eva Muggenthaler: „Als die Fische spazieren gingen“

Von Franz Xaver Ganghofer

 

In dem Bilderbuch „Als die Fische spazieren gingen“ von Eva Muggenthaler geht es um die Illustrationen – das klingt selbstverständlich für ein Bilderbuch. Aber ist es natürlich nicht. Hier jedoch wurde kindgerecht, farbenfroh, sehr liebevoll gemalt - im illustratorischen Zeitgeist zwar –man sieht es sich gern und ohne Barrieren an-, aber in der Komposition so stimmig: Das überzeugt.

Im Buch wird keine Geschichte mit Worten erzählt, sondern nur Begriffe einander gegenübergestellt, wie „Vor Glück strahlen – traurig sein“, und sie sind bildlich erklärt, ein kleines Vademecum des Lebens. Zum Beispiel das Begriffspaar „Zusammenhalten – Allein sein“. Ein Spielplatz in einer unberührten schönen Landschaft mit grüner Wiese, auf der eine schöne grüne Kinderwippe steht. Auf der einen Seite der Wippe sitzt ein dicker Elefant, auf der anderen Seite sitzen alle andern Tiere (Mäuse, Eichhörnchen, Schweinchen, sogar Vögel). Sie werfen sich übereinander und schaffen es, die Wippe zu bewegen. Sie wippen den Elefanten hoch, der dann mit seinem Rüssel sich eine Kirsche vom Baum schnappen kann. Immer doppelseitige Bilder, durch die man mit Kindern herrlich in den Bildern versinken und mit ihnen darüber erzählen kann. Das Begriffspaar wird nämlich anders, nicht à la Küchenkalender gedeutet – das Alleinsein des Elefanten ist nur auf den ersten Blick ein Alleinsein, weil ihm die anderen ja alle helfen. Ein fröhliches Buch, das einen gelungenen Kontrapunkt zu den Kinder-Philosophiebüchern setzt, die die Kinder für sich formen wollen anstatt etwas für Kinderaugen zu bieten. Anders hier!

Dieses Buch lebt von seiner munteren Bebilderung. Was angenehm ist: Wenn eine Illustratorin illustriert, ohne schreiben zu müssen, fallen die ganzen Reibungsverluste zwischen Text und Bild weg. Das gibt diesem Buch die Chance, so geschmackvoll zu sein, wie es ist.

(Ab 3)

 

Eva Muggenthaler:

„Als die Fische spazieren gingen“

32 S., Euro 14,90

mixtvision Verlag 2010

ISBN 978-3939435242

 

 

Hoch

 

 

Frage 82:

Was ich suche: Ein Bilderbuch, das lustig und originell ist und auch seine Aussage hat. 

 

Antwort 82:

Unbändiges Lachen garantiert

Melanie Laibl/Alexander Strohmaier: „Herr Grimm und Frau Groll zerkugeln sich: Eine Geschichte von zwei Seiten“

Von Melanie Grundmann

 

Herr Grimm und Frau Groll - der Name ist Programm: Zwei Menschen, die ohne Spaß durchs Leben gehen. Herr Grimm zeigt sich kantig; die Nase spitz, die Augen auch, die Brauen sowieso. Der Mund ein Strich, dem nie auch nur ein Lächeln entflieht. Der Anzug stachlig wie ein Kaktus. Frau Groll - das genaue Gegenteil: klein und rund, doch nicht etwa lieb und nett, wie man denken möchte, sondern genauso griesgrämig wie Herr Grimm. Doch als die beiden aufeinandertreffen, gibt es kein Halten mehr: Aus beiden platzt es vor Lachen nur so heraus.

Die unbändige Freude der beiden Figuren spiegelt sich in irren Farb- und Formexplosionen. Während sich Frau Groll in Kugeln auflöst, spiralisiert sich Herr Grimm in einen Lachanfall hinein. Ein tolles Buch, das immer wieder Spaß macht und ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Neben den großartigen Illustrationen besticht das Buch durch sein Format, denn es ist von beiden Seiten lesbar. Die eine Seite erzählt von Herrn Grimm und wie er auf Frau Groll trifft, die andere Seite von Frau Groll, die auf Herrn Grimm trifft, bis beide in der Mitte aufeinander treffen. Auch die parallele Erzählstruktur verbindet die beiden Geschichten und weist zugleich darauf hin, wie gut Herr Grimm und Frau Groll füreinander geschaffen sind. Somit ist dieses Buch nicht nur ein Plädoyer für das Lachen, sondern auch eines für die Liebe.

(Ab 4)

 

Melanie Laibl: Herr Grimm und Frau Groll zerkugeln sich: Eine Geschichte von zwei Seiten

Mit Illustrationen von Alexander Strohmaier:

Luftschacht Verlag 2010

48 Seiten, Euro 19,40

ISBN 978-3902373632

 

Die Rezensentin ist freischaffende Autorin und Kulturwissenschaftlerin.

 

Hoch

 

 

Frage 81:

Für ein Kind - Schnell zu lesen, unkompliziert und günstig: Haben Sie da eine Idee?

 

Antwort 81:

Niedliche, schöne und einfache Kinderlektüre

Christian Bieniek: "Hamster Hektor – Eieralarm"

Von Susan Müller

 

Was passiert, wenn die Freunde des Herrchens eines Hamsters etwas „Nützliches“ tun zu lassen?

Die Mutter der Familie ist verreist und Hamster Hektor leidet,;kein Futter und keine Streicheleinheiten. Hektors Herrchen ist Sascha. Saschas Vater hat Überraschungen für die Rückkehr der Mutter parat, indem er renoviert. Alles andere wie Geschirr und Wäsche bleiben liegen und an Futter denkt auch er nicht. Er hat ein Würstchen zu bieten, doch das versetzt Hektor in ungläubiges Staunen. Er als Vegetarier soll fleischliche Produkte fressen. Doch wie erwähnt, soll er Nützliches tun und bekommt ein Ei zum Ausbrüten unter sich gelegt, aber da ihm Belohnung in Form von Futter winkt, tut er es notgedrungen. Ein anderer, echterer Freund Saschas - und auch in Hektors Augen der bessere- , rettet die Situation und Hektor dazu, denn siehe da, das Ei hat einen winzigen, niedlichen Bewohner, der schlüpft. Und das entschädigt auch Saschas Mutter, die über all das Chaos in der Wohnung nicht so sehr begeistert ist, sie lobt Hektor sogar.

Niedliche, schöne und einfache Kinderlektüre.

 

Christian Bieniek:

"Hamster Hektor – Eieralarm"

Mit Illustrationen von Volker Fredrich

Fischer Schatzinsel 2010

92 Seiten Euro 5,95

ISBN 978-3596808229

 

 

Hoch

 

 

Frage 80:

Albert Wendt lese ich gern; welches ist sein neuestes Buch?

 

Antwort 80:

Witzig lesenswert

Albert Wendt: "Marta-Maria"

Von Susan Müller

 

Sehr kurz irritiert der Anfang des Buches, in dem Marta Maria direkt die Züge einer Katze annimmt. Aber wir werden recht schnell aufgeklärt, dass Marta Maria ein hochinteressiertes und ebenso interessantes Persönchen ist, das die Katze einfach spielt. Ein Freund des dicken Vaters nimmt dann die spielerische Gestalt des Hundes an, und so fühlt sich Marta Maria ernst genommen und wird dann schnell wieder die bildhübsche Tochter.

Marta Maria hat weit mehr zu bieten als eine Katze. Auch des dicken Vaters kleinen Fehler kann Marta Maria in ein Verwandlungsspiel verpacken. Und sie macht auch so etwas, wie sich im Spülbecken platzieren und Geräusche eines Wischlappens machen. Das ist verrückt und nicht zusammenzufassen, und das Buch erzählt davon, wie intensiv Kinder leben und auf Zwänge reagieren.

Die Lektüre ist liebevoll anders, vor allem für die Kinder spielerisch und phantasievoll um- und beschrieben. Wenn sich Marta – Maria nämlich verstanden und ernst genommen fühlt, wird sie wieder zum lieben, klugen, hübschen und interessanten und kleinen Töchterchen des dicken Vaters. Witzig lesenswert.

(Ab 8)

 

Albert Wendt:

"Marta-Maria: Geschichten für außergewöhnlich kluge und hochinteressante Kinder"

Jungbrunnen 2010

91 Seiten, Euro 12,90

ISBN: 978-3702658168

 

 

Hoch

 

 

Frage 79:

Ich suche ein Bilderbuch zum Schmunzeln!

 

Antwort 79:

Der Papagei kennt jedes Tier im Dschungel und trifft auf einmal Fernando – der ist Fernando, aber was ist Fernando? Der Papagei und Fernando überlegen gemeinsam, was er sein könnte, Vielleicht ein Papageienschwein? Er versucht’s, und Kinder können mal wieder lachen: Ein Bilderbuch nicht aus der Erwachsenenwelt und endlich mal wieder für die Kinderwelt!

Zwischen Fernando und dem Papagei entsteht eine echte Freundschaft, die man auf feine, bewegende Art auch aus den Bildern herausspürt.

Ein erfrischendes Kinderbuch, ganz im Stil eines echten Kinderbuches, was nicht zu viel will und nicht zu viel ist. Schöne Illustrationen, in bunten Farben und lustigen Bildern und netten Gesichtern.

(Ab 4)

 

Karl Rühmann:

„Wer bist denn du?“

Mit Bildern von Susanne Smajic

Aracari Verlag 2010

28 Seiten, Euro 14,90

ISBN 978-3905945027

 

Hoch

 

 

Frage 78:

Ich suche nach einem Buch, das mein zehnjähriger Sohn in der Adventszeit lesen kann. Nicht christlich; gern humorvoll.

 

Antwort 78:

Es ist von der Aufmachung her ein ganz besonderes Buch, das wir Ihnen empfehlen: „24 Geschichten bis Weihnachten“. Die Geschichten im Buch sind nicht einfach aufzuschlagen und loszulesen; man muss sie Doppelseite für Doppelseite mit einem Brieföffner oder Messer aufschneiden. Wie ein Adventskalender, jeden Tag eine Erzählung. Darin findet sich viel von dem, was an deutschen Kinderbuchautoren jenseits von Cornelia Funke existiert und in den etablierten Verlagen ab und zu in moderater Auflagenhöhe mit einem Buch ans Licht der Öffentlichkeit kriechen darf. Die Schwierigkeiten von Sammelbänden –die schwankende Qualität der Geschichten - , sie ist auch hier zu bemerken. Aber für die jungen Leser überwiegt die Freude an spaßigen Geschichten, und als Erwachsener kann man sich den Mittelbau der Kinderliteratur so einmal auf  dieser Art Laufsteg anschauen.

 

Katharina Braun (Hg.):

„24 Geschichten bis Weihnachten“

Mit Bildern von Franziska Harvey

Boje Verlag 2010

200 Seiten, Euro 12,95

ISBN 978-3414822666

 

 

Hoch

 

 

Frage 77:

Ich suche ein Buch für ein achtjähriges Mädchen, das dringend etwas zum Lachen braucht!

 

Antwort 77:

Hypnose mit Folgen

"Die Paulis außer Rand und Band"

Von Iris Kersten

 

Zugegeben, etwas skeptisch war ich schon, als mir das Buch in die Hände fiel: blauer Einband (exakt das gleiche blau wie alle Pippi Langstrumpf-Bücher), der Titel Die Paulis außer Rand und Band (ein relativ platter Bezug zu Pippi außer Rand und Band) und auf dem Buchdeckel eine verunstaltete Pippi und drei weitere Kinder. Eine Parodie auf Pippi Langstrumpf? Das hätte mir als Mutter von zwei Pippi-Fans nicht besonders gefallen. Und abgesehen von Astrid Lindgrens Rassendiskriminierung mag ich ihre Pippi auch sehr gern. Hätte also in dieser kleinen Buchhandlung im Osten Nordrhein-Westfalens, wo ich meine Kindheit verbracht und selbst Pippi Langstrumpf kennen gelernt habe, kein Sessel neben dem Bücherregal gestanden, wäre das Buch sicher wieder dorthin zurück gewandert. Aber es stand nun eben ein Sessel dort, und ich hatte Zeit...

Schon beim ersten Absatz musste ich breit grinsen: „Mamaaaa!“, schrie Lea aus ihrem Zimmer nach unten. „Kann ich bitte dein Sommerkleid zerschneiden? Das rote! Ich brauche den Stoff für eine Collage!“ Und so ging es dann eigentlich immer weiter. In kurzer Zeit hatte ich die Hälfte des Buches verschlungen, dann habe ich es gekauft. Dieses Vergnügen wollte ich meinen Kindern nicht vorenthalten:

Zur Familie Pauli gehören die alleinerziehenden Mutter Iris (Ökologin) und ihre drei Kinder:  Dennis, zwölf  Jahre und Computerfreak, Lea, zehn Jahre und Künstlerin, sowie Flummi, acht Jahre und Artistin.

Aus beruflichen Gründen muss Iris nun für drei Monate auf eine Expedition an den Nordpol reisen. Da sie die Kinder nicht allein lassen kann, kommt ihre Schwester Heidrun, um sich um die Bande zu kümmern.

Eines Abends gibt Flummi, der durch Zufall ein Hynose-Buch in die Hände gefallen ist, eine Hypnoseshow. Und es ist kaum zu glauben, aber die Hypnose gelingt, und die strenge Tante Heidrun verwandelt sich in die übermütige Pippi Langstrumpf. Was zuerst für die Kinder nach Freiheit aussieht und wirklich lustig ist (auch für den Leser), hat für die drei Kinder katastrophale Folgen (für den Leser bleibt es amüsant), denn sie können Pippi alisa Tante Heidrun nicht mehr allein zu Hause lassen, da sie nur Unsinn macht und zu befürchten ist, dass Pippi entweder beim Pfannkuchen backen das Haus abfackelt oder es beim Baden unter Wasser setzt – den Fernseher hat sie schon im Garten verbuddelt.

Der Versuch einer Rückhypnose scheitert am Verschwinden des Hypnosebuches...

Vielleicht ist Grickschs Sprache nicht ganz so ausgefeilt wie die von Astrid Lindgren und vielleicht ist die Geschichte auch ein wenig an den Haaren herbei gezogen, aber was ist bei Pippi Langstrumpf schon nicht geschwindelt? Es ist ein rasantes und wirklich heiteres Buch, nur macht es vielleicht mehr Spaß es zu lesen, wenn man Pippi Langstrumpf auch schon kennt.

Heißa hopsa!!!

(Für Kinder ab 8 Jahren, ein Buch ohne Bebilderung.)

 

Gernot Gricksch:

"Die Paulis außer Rand und Band"

224 Seiten, Euro 12,-

Cecilie Dressler Verlag 2009

ISBN: 978-3791507224

 

 

Hoch

 

 

 

Frage 76:

Ich kenne die Marmeladen von Veronique Witzigmann. Nun hat mir eine Bekannte erzählt, es gäbe auch ein Buch von Veronique Witzigmann. Stimmt das?

 

Antwort 76:

Und wie! Veronique Witzigmann hat 2009 „Die kleine Marmeladenfee“, eine Geschichte für Kinder zwischen 5 und 7, veröffentlicht. Dass am Ende des Buches Marmeladenrezepte für Kinder zum Nachkochen aufgelistet sind, sollte nicht dazu verführen, das ganze Unterfangen zu belächeln. Die beiden Autorinnen – neben Witzigmann Caren Zacharias – haben ihre Erzählung von der Fee, die sich entscheiden muss, welchen Weg im Leben sie einschlagen will, mit viel Charme geschildert. Die Figuren, die sich kindernah und schlüssig eindeutig in Gut und Böse einteilen („Die Fee, die am Herd stand, hatte offensichtlich auf diesen Zauber verzichtet. Ihre Haare waren weiß, und ihr Gesicht war voller Falten. Sie sah alt aus. Alt und freundlich.“ – „Die Augen der dunklen Fee wurden zu schmalen Schlitzen, und ihre Stimme senket sich zu einem bedrohlichen Flüstern.“) Da sind Kinder ganz dabei, sie erleben all ihre Gefühle noch intensiver und identifizieren sich mit der kleinen Fee, die fröhlich-naiv ist, aber dabei nicht dümmlich. Ein wichtiger Punkt: Den Kindern begegnen in vergleichbaren Büchern immer sehr plan als „Naschkatzen“ angelegte Figuren – man denke nur an „Emily Erdbeer“ -, wohingegen dieses Buch lustig und leicht, aber keine Verblödungslektüre ist.

Dazu Illustrationen mit Herz!

Band 2 ist auch schon erschienen (lag uns aber nicht zur Rezension vor.)

 

Veronique Witzigmann / Carmen Zacharias:

„Die kleinen Marmeladenfee“

Mit Bildern von Bjarke

Baumhaus Verlag 2009

96 Seiten, Euro 12,99

ISBN: 978-3833903762

 

Hoch

 

 

Frage 75:

Meine Mutter ist gestorben. Meine kleine Tochter kommt damit nicht klar, dass ihre Oma plötzlich weg ist. Haben Sie ein Bilderbuch, das das Geschehen ihr erklärbar macht?

 

Antwort 75:

Wir empfehlen: "Ein Himmel für Oma". Das Buch - sehr kindgerecht, durchdacht und von Menschen, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben - ist es weniger ein künstlerisch anspruchsvolles Buch als ein Buch, das wirklich zu bewältigen hilft.

(Ab 5)

 

Antonie Schneider:

Ein Himmel für Oma: Ein Bilderbuch über das Sterben und den Tod

Mit Bildern von Betina Gotzen-Beek

Coppenrath 2010

32 Seiten, Euro 11,95

ISBN 978-3815770030

 

Hoch

 

 

Frage 74:

Gesucht: Spannender Kinderkrimi

 

Antwort 74:

Konki: Katzenwache

Von Susan Müller

 

Frau Waldmeister hilft am allerliebsten Kindern und das mit detektivischem Spürsinn. Sie wohnt im Haus mit Amanda, die noch klein, aber allein ist, was keinen wirklich stört, und eines Tages einen Freund hat, der in Schwierigkeiten steckt. Frau Waldmeister, die immer mit einem schicken Hut begleitet, nicht ertragen kann, wenn Kinder leiden, verspricht zu helfen. Philipp, Amandas Freund, ist Waise und ein Freund seines Vaters kümmerte sich bis jetzt um ihn. Doch Rubin musste zum Schutz des kleinen Philipp verschwinden, denn zwei böse Betrüger suchen ihn, weil sie meinen, er hüte das Geheimnis um eine goldene Glocke. Doch er weiß davon nichts, denn sein Freund kam ums Leben, bevor er ihm davon erzählen konnte. Frau Waldmeister geht auf die Suche nach Rubin und wird mit den ihr eigenen Methoden fündig. Sie findet aber nicht nur Rubin, sondern eine Katze bewacht ein geschütztes Loch auf dem Grundstück und so lüftet sie auch das Versteck der goldenen Glocke, die die Gauner erpressen wollten. Die werden aber auf Geheiß des Polizeipräsidenten, dem Frau Waldmeister ein paar ernste Worte gesprochen hat, schließlich hat sie ihm geholfen, als er noch ein Kind war, in sichere Verwahrung genommen.

Rubin, Philipp, Amanda und Frau Waldmeister leben genau wie der Archivbesitzer, dem Frau Waldmeister mittwochs immer Karten legte, bis zum nächsten spannenden Fall zufrieden und in Eintracht miteinander weiter.

Einfühlsames Kinderbuch, das Freundschaft einschließt und der Gerechtigkeit dient. Unbedingt lesenswert.

 

Konki:

"Katzenwache"

Autumnus Verlag 2007

104 S., 12,90 €

ISBN 978-3-938531-11-2

 

 

Hoch

 

 

Frage 73:

Hätten Sie eine Idee zu einem Bilderbuch, das gern ein wenig nostalgisch wirken darf!

 

 

Antwort 73:

 

Ein stilvoll illustriertes, sympathisches Vorlesebuch

Andreas H. Schmachtl: „Juli Löwenzahn. Schatzsuche im Möhrenbeet"

Von Brigitte Bjarnason, Hafnarfjördur

 

Juli Löwenzahn kann prima helfen. Allerdings sorgen seine Ideen für ungeahnte Überraschungen.

 

„Juli Löwenzahn“ ist eine liebenswerte, mit bunten Zeichnungen illustrierte Hasengeschichte. Sympathisch ist der positive Unterton, denn obwohl Juli Löwenzahns Hilfsaktionen mehr Schaden als Nutzen anrichten, wird er weder ausgeschimpft noch bestraft. Das macht Kindern Mut, eigene Ideen zu entwickeln.

Das Buch eignet sich gut zum Vorlesen oder einfach nur zum Bilderangucken. Der Text ist kindgerecht, hat die richtige Länge und hält die Aufmerksamkeit des Lesers und Zuhörers bis zum Ende. Die nostalgisch anmutende Illustration lädt zum genaueren Hinschauen ein, denn es gibt in den Bildern viele einfallsreiche Details zu entdecken.

„Juli Löwenzahn“ ist ein Lesespaß für Eltern und Kinder.

(Ab 3) 

 

Andreas H. Schmachtl:

„Juli Löwenzahn. Schatzsuche im Möhrenbeet"

Arena Verlag 2010

32 S., Euro 12,95

ISBN 978-3-401-09496-0

 

Hoch

 

 

Frage 72: 

Ich suche nach einem Buch, das "Mitmenschlichkeit" behandelt und das ich mit meinem kleinen Enkel zusammen anschauen und lesen kann. 

 

Antwort 72:

 

Für Jung und Alt

Elisabeth Steinkellner: "Beste Grüße an Herrn Günther"

Von Susan Müller

 

Drei Freunde und ein kleiner Junge im Rollstuhl können nicht verstehen, dass Herr Günther so komisch drauf ist. Er schmeißt seine Zigarettenreste einfach weg, streitet mit seiner Frau lautstark und beleidigt den kleinen kranken Jungen.

Doch die drei versuchen ihn auf eine andere und besondere Art zu „knacken“. Sie schicken ihm per Post seine Zigarettenstummel mit Grüßen an Herrn Günther und helfen ihm beim Einkauf, indem sie die Taschen auf dem Schoss des Jungen im Rollstuhl transportieren und sie hören Herrn Günther und seine Frau miteinander lachen. Wenn das kein Erfolg ist?!

Auf eine andere Art und Weise erzählt und vor allem mit kindlichem Gemüt die Missstände behoben, ist eine kurze, aber für Jung und Alt einprägsame Lektüre.

(Ab 5)

 

Elisabeth Steinkellner:

"An Herrn Günther mit bestem Gruß"

Mit Bildern von Michael Roher

Jungbrunnen 2010

40 Seiten, Euro 15,90

ISBN : 978-3702658151

 

Hoch

 

 

Frage 71:

Wir suchen nach einem aufmunternden, qualitätsvollen und nicht zu langen (!) Buch für unseren zehnjährigen Sohn.

 

Antwort 71:

Die Erzählung, die wir Ihnen empfehlen, ist etwas unglücklich in einer Reihe gelandet (Duden Lesedetektive), in der es rein funktional zur Leseförderung dienen soll. Dort versteckt sich mit „Die Inselschüler – Gefahr im Watt“ ein ganz besonderes kleines Werk. Eine Schulklasse, ein abenteuerliches Erlebnis, ein gänzlich unkonventioneller Lehrer, das ist eine rundum geeignete Lektüre. Christian Tielmann erzählt mit viel Liebe und Wärme und in -innerhalb der Kinderliteratur auffallend versierten- Sätzen, die einerseits gesprochene Sprache aufgreifen, andererseits sie aber auf ein literarisch angemessenes Niveau heben.

Ein gekonntes Exemplar aus dem Genre Schulgeschichten.

(Ab 9)

 

Christian Tielmann:

"Die Inselschüler – Gefahr im Watt"

Mit Bildern von Heribert Schulmeyer

Bibliographisches Institut 2008

48 S., 7,95 Euro

ISBN 978-3411708086

 

 

Hoch

 

 

Frage 70:

Ich habe in der Buchhandlung ein fest gebundenes Buch aus dem mir nur als Taschenbuchverlag -wie schon der Name sagt- "Deutscher Taschenbuchverlag" gesehen. Es interessiert mich daher, ob es inhaltlich wie die Taschenbücher ist. Würden Sie es rezensieren? Es heißt "Der letzte unsichtbare Junge" und ist von einem mir unbekannten Autor namens Evan Kuhlmann.

 

Antwort 70:

 

Mitten im Schicksal und danach

Evan Kuhlmann: „Der letzte unsichtbare Junge“

 

(sm) Finn ist auf den ersten Blick ein ganz normaler Junge. Nur seine Haut ist blasser und seine eigentlich schwarzen Haare sind eher weiß. Und das mehr und mehr!

Warum? Wird Finn unsichtbar? Will er unsichtbar werden?

Finns Vater ist gestorben. Ein natürlicher Tod, aber dennoch völlig unvorhergesehen. Eine Welt bricht für den zwölfjährigen Jungen zusammen. Er rettet sich ins Tagebuchschreiben.

Damit beginnt diese Geschichte des amerikanischen Autors Evan Kuhlmann eine literarische Verarbeitung zu bekommen. Eine filmische oder eine als Comic wäre angesichts des Plots auch denkbar gewesen.

Denn Finn altert nun. Äußerlich. Seine Umgebung reagiert unterschiedlich. Finns Freundin Mel hält zu ihm. Mit ihr findet er zum menschlich und künstlerisch besten Ausweg, Witz, Humor, das Brechen einer frontalen Perspektive. Die anderen Familienmitglieder kämpfen alle auf ihre eigene Weise mit sich und um Finn; der Opa erzählt zur Trauerbewältigung ununterbrochen Anekdoten von früher, die Mutter färbt sich gar selbst die Haare weiß.

Die Anspannung kann nur durch Finn gelöst werden, und er schließt den Frieden, den die Tragik des Romanes verlangt. Er findet sich mit dem Schicksal ab. Als Bild: Er isst den letzten, vom Vater mitgebrachten Drop. Nun kann er wieder beginnen, nach vorne zu schauen. Finn nimmt Abschied vom Vater und übernimmt Verantwortung auch innerhalb der Familie. Dass Finn auch mit Hilfe einer psychologischen Betreuerin ins Leben zurückfindet, wird sofort sichtbar, als seine Haut die Rosafärbung zurückbekommt und auch sein Haar sich langsam wieder verdunkelt.

Ein Buch, das zeigt, wie schnell eine unvorhergesehene Situation alles durcheinander bringen kann. Aber es beschreibt auch, wie man gemeinsam auch aus tiefen Tälern herauskommt und welche Gedanken über das Leben und um das Danach sich einem Heranwachsenden nach so einem Schicksalsschlag aufdrängen. Und wie er sie bewältigt.

(Ab 11)

 

Evan Kuhlmann:

„Der letzte unsichtbare Junge“

Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn

dtv 2010

288 S., Euro 14,95

ISBN 978-3423760010

 

Hoch

 

 

Frage 69:

Ich möchte einen Sammelband mit Geschichten für Kinder verschenken. Aber es ist so schwer, einen guten auszuwählen. Die Erzählungen sollen Qualität haben.

 

Antwort 69:

Das beste, was uns als Kinderliteraturkritikern bisher untergekommen ist –und uns ist einiges untergekommen- , ist der Sammelband „Östlich der Sonne, westlich vom Mond“, herausgegeben von Paul Maar und neu erschienen bei der Büchergilde Gutenberg. Darin sind viele große Namen versammelt (erstaunlich: auch Robert Musil, Heinrich Heine, Louis Armstrong; nicht erstaunlich Erich Kästner, Ursula Wölfel, Ursel Scheffler), doch das ermöglicht es, das oft schwankende Niveau in Sammelbänden aufzufangen – hier treten alle ausgewählten Erzählungen zueinander in Beziehung; obwohl auch viele kürzere Texte dabei, kommen Kinder ins Schmökern. Reichlich Denkanstöße inklusive - deshalb ist "Östlich der Sonne, westlich vom Mond" etwas für Kinder ab 6 hoch bis 12. Und die Gestaltung (mit kleinen Bildern versehen von Philip Wächter) tut ihr Übriges: Durch und durch zum Verschenken geeignet!

(Ab 6)

 

Paul Maar:

„Östlich der Sonne, westlich vom Mond“

Mit Illustrationen von Philip Waechter

Büchergilde Gutenberg 2007

22 Euro, 416 Seiten

 

 

Hoch

 

 

Frage 68:

Meine Tochter, 10, liebt Erzählungen mit Internatsschülerinnen. Na ja. Gibt es da etwas Neueres? Schonen Sie mich nicht.

 

Antwort 68:

Die Internatsgeschichten sind beinahe Kulturimperialismus: Seit Jahrzehnten tauchen sie in penetranter Regelmäßigkeit auf und fluten die Herzen der jungen Mädchen auch in all jenen Ländern, deren Schulwesen nicht internatsverseucht ist. Aber die Träume der ewig nachwachsenden Leserinnen trifft es eben auch; die schlechte, aber nette Schülerin, die Freundinnen, die mal zweifeln, aber doch immer zur Stelle sind, das Unverstandensein und das Bettdeckeüberdenkopfgeziehe inklusive Schluchzen – in diesem (vierten) Schuljahres-Abenteuer von der Hexenschülerin Mildred flüchtet sie gleich zweimal in ihr Zimmer, in ihr Bett.

Als erwachsener Leser muss man also schon einiges aushalten, nicht nur mit beleidigten Mädels zuhause, sondern auch noch m Buch. Ein Glück für die Zielgruppe, dass sich doch noch alles zum Guten wendet für ihre Identifikationsfigur, und ein noch größeres Glück, dass Mildred in einer eindeutigen Welt lebt, eine erklärte Erzfeindin, Esther, hat. Schwarzweiß, gutböse, ja, es ist wie „Hanni und Nanni“, aber weil wir 2007 als Ersterscheinungsjahr in England schreiben, gibt es auch Sätze wie „Esther hinterfragte ihr Handeln nicht“. Und deswegen gibt es auch ein wenig Zauberei und Schildkröten, die zeitweise sprechen können. Potter hat tiefe Spuren hinterlassen.

Doch nur eine Seite, die im rauen Wind der Kritik nichts zulassen kann, lehnt dieses Buch ab. Die andere: Es ist ein Buch für acht bis elfjährige Mädchen, das wird es immer bleiben, und für die ist es keine Schande, Mildred zu lieben. Die Eltern, die „Eine lausige Hexe eilt zu Hilfe“ kaufen –es ist hervorragend gestaltet- tun den Töchtern einen Riesengefallen. Sie bringen einen guten Packen altersgerechte Phantasiewelt mit nach Hause.     

(Ab 10)

 

Jill Murphy:

Eine lausige Hexe eilt zu Hilfe

Aus dem Englischen von Ulla Kösters

Diogenes 2010

152 Seiten, Euro 12,90

ISBN 978-3257011494

 

Hoch

 

 

Frage 67:

Judo ist mein Sport. Gibt es was, worin Judo vorkommt?

 

Antwort 67:

 

 

(sm) Hochrangiger Besuch kündigt sich an, und vor allem Linh ist total aufgeregt, denn sie, die ihm Judo ihre Sportart sieht, wartet auf den Großmeister Yuuto, der ihre Schule besuchen wird. Sie wird seine Begleiterin sein. Und er wird ihr zuschauen bei ihren Kämpfen. Doch kaum bestreitet sie ihren ersten Kampf, der auch von Erfolg gekrönt ist, verschwindet ihr Held.

Da er nicht wieder auftaucht, vermasselt Linh ihren zweiten Kampf. Unsere 5 Asse kommen hinter alles; sie spüren Yuuto auf. Doch noch weiter helfen die 5 Asse – und beweisen, wie immer, ihre absolute Teamfähigkeit und ihren kriminalistischen Spürsinn.

Jedes Abenteuer der 5 Asse ist wie dieses spannend, unkompliziert, schnell durchzulesen. Die Eigenschaften der Freunde sind heute gern gesehen, und für dieses Mal passen sie wenigstens zu Milieu, in dem dieser Band spielt. Wer Judo als Sport treibt, hat nun auch ein „Asse“-Buch für sich, die „Asse“-Fans einen neuen Fall, und alle anderen verpassen nichts, wenn sie darauf verzichten.

(Ab 9)

 

Irene Margil/Andreas Schlüter:

„5 Asse - Schulterwurf“

dtv 2008

160 S.. Euro 6,95

ISBN: 978-3423713207

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 66:

Ich habe "Darf ich bleiben, wenn ich leise bin" von Andrea Hensgen gelesen und habe jetzt gehört, dass ein weiteres Buch von ihr erschienen ist. Was für ein Titel! "Als Häschen den Sheriff erschoss". Und was steckt dahinter?

 

Antwort 66:

 

Exodus

„Als Häschen den Sheriff erschoss“ ist ein Kinderbuch. Trotz des Titels.

Von Jan Fischer

 

Manchmal, spätnachts, wenn alle schon ein bisschen mehr getrunken haben und nostalgisch werden, mache ich mir den Spaß, zwischen dem ganzen Gerede über He-Man, Knight Rider, die ersten Erfahrungen mit der Bravo und Schwärmereien von Fireball aus „Saber Riders“, kurz mal „Watership Down“ zu erwähnen. Nicht das Buch, sondern den Film, in dem niedliche Häschen plötzlich durchdrehen, mit blutigen Schnauzen aufeinander losgehen, und einer der brutal niedergemetzelten Hasen dann als gruseliger Geist wieder auftaucht. Es wird immer still, wenn ich den Film erwähne: Wer ihn kennt, der hat ihn nicht vergessen.

Ganz so schlimm ist „Als Häschen den Sheriff erschoss“ nicht, aber doch: Das erste, was Häschen tut, nachdem es versehentlich den Sheriff gekillt hat, ist, erstmal einen Kurzen in der Tierkneipe „Zum Hirschen“ zu trinken. Aber von da aus wird es harmlos, wird die Geschichte des toten Sheriffs zu einer über Freundschaft und den Auszug der wirklich wahren Freunde Häschens aus dem Wald. Häschen verarbeitet die ganze Geschichte auch relativ schnell, nachdem ihm alle seine Freunde versichern, es sei ja Notwehr gewesen.

Der Unterschied zu Trauma-Maschinen wie „Watership Down“ ist eigentlich ganz einfach: Das eine beginnt mit einer Idylle, die es dann Schritt für Schritt auflöst: Bei „Watership Down“ jagt eine Katastrophe die andere. „Als Häschen den Sheriff erschoss“  beginnt mit dem schlimmsten, was es zu bieten hat, und benutzt die Katastrophe als Vehikel zur Konstruktion einer Utopie, die einigen der Tiere zwar eine schwere Entscheidung abverlangt, aber zum Exodus in eine bessere Welt führt. „Watership Down“ beginnt mit diesem Exodus. Letztendlich haben zwar beide ein Happy End, aber bei „Watership Down“ wird alles sehr viel schlimmer, bevor es besser wird. In „Als Häschen den Sheriff erschoss“ ist Häschens schlimmster Moment der Anfang, der Kräuterschnaps kurz nach der Tat, ab da wird alles konstant besser.

So gesehen ist die Brutalität, dieses Erschießen, bei „Als Häschen den Sheriff erschoss“ nur die Verpackung, das, was draußen drauf steht, nur der Anfang, und nichts, was lange nachschwingt. „Als Häschen den Sheriff erschoss“ ist wahrscheinlich kein Buch, mit dem man in zehn Jahren spätnachts, wenn alle schon ein bisschen mehr getrunken haben und nostalgisch werden, Leute plötzlich zum Schweigen bringen kann. Das macht es nicht zu einem schlechten Buch. Sondern zu einem normalen Kinderbuch.

(Ab 9)

 

Andrea Hensgen:

Als Häschen den Sheriff erschoss.

Jacoby & Stuart 2009.

120 Seiten, 12,95 Euro

ISBN 978-3941087576

 

 

 

Hoch

 

 

Frage 65:

"Rocky" hat es meinen Kinder angetan. Wie ist der nächste Band, "Ein Hamster räumt auf"?"

 

Antwort 65:

 

Rocky löst auch echte Probleme

Denn Rocky räumt auf

Von Susan Müller

 

Rocky, der aus "Ein Hamster tobt im Klassenzimmer" bekannte Hamsterfreund, hat alle Hände voll zu tun, um in "seinem" Klassenzimmer aufzuräumen und Harmonie hineinzubringen. Die Weihnachtsferien sind vorbei, und da Mrs. und Mr. Brisbane Rocky über die Feiertage bei sich hatten, entstand eine blinde Vertrautheit und Freundschaft zwischen ihnen. Der Trennungsschmerz, der Rocky bei Mrs. Mae, die ihn Anfang des Schuljahres verließ, verblasst.
In der Klasse stellt sich eine Veränderung ein, sie und somit auch Rocky bekommen Zuwachs. Der erste ist ein Frosch, der Osch getauft wird und Tamara, eine neue Schülerin, die in einer Pflegefamilie aufwächst und sich anfangs so unwohl fühlt, dass sie ständig ihren Teddy mit sich rumschleppt und dafür von den Klassenkameraden belächelt wird.
Doch unser Rocky löst alle kleinen und größeren Problemchen bzw. liefert deren Lösungsansätze.
Auf Osch, das neue Klassentierchen, ist Rocky anfangs sehr eifersüchtig, denn er steht nicht mehr ständig im Mittelpunkt, und außerdem spricht Osch nicht mit ihm, sondern gibt nur komische Geräusche von sich. Als aber Rocky bei einem seiner Abenteuer zugunsten seiner Freunde  in Gefahr gerät, wird er von Osch gerettet, und das vergisst er ihm natürlich nie und wie über Nacht sind die beiden in Freundschaft verbunden.
Doch Rocky löst auch echte Probleme, denn er versöhnt die Stiefgeschwister Lara und Mara durch einen kleinen Trick, der ihm zwar viel Schweiß gekostet hat, aber sehr nachhaltig wirkte.
Nicht genug damit, die besten Freundinnen Heidi und Kathi zerstreiten sich wegen einer totalen Nichtigkeit, doch bei einer Klassenfeier verteidigt die eine die andere gegen den "Feind" Martin und der Frieden ist wieder hergestellt.
Aber auch der sogenannte Feind Martin Bohne, genannt Bohnenstange lernt seine Lektion bei der Geburtstagsfeier, der bekommt nämlich von Hausmeister Aldo die Aufgabe, die Tombolapreise zu verteilen und das auch noch freundlich. Nach anfänglichen Schwierigkeiten geht die Rechnung auf und Martin verliert seine Dominanz, die anderen schrecken nicht mehr vor ihm zurück.
A propos Aldo, zu guter Letzt kann unser Rocky auch was für ihn tun. Er bringt es wieder fertig, dass Anmeldeformular, welches Aldo ausfüllen muss, wenn er, seinem Wunsch getreu, als Lehrer arbeiten möchte, so zu platzieren, dass Mrs. Brisbane aufmerksam wird. Sie lädt also ein, eine Unterrichtsstunde zu halten, der sie und der Direktor beiwohnen. Dann ist es nur noch eine Kleinigkeit, dass die beiden ein Empfehlungsschreiben geben.

Sie sehen, Rocky erlebt viel und hat jede Menge zu tun. Betty G. Birney verzaubert die kleinen  Leser mit der Vielfalt und Originalität der Ideen des kleinen Hamsters. Eine passende Fortsetzung also.

(Ab 8) 

 

Betty G. Birney:

„Rocky – Ein Hamster räumt auf“

Aus dem Amerikanischen von Ilse Rothfuss

dtv 2009

240 S., Euro 5,95

ISBN 978-3423713733

 

Hoch

 

 

Frage 64:

Aus meiner Kindheit sind mir nicht die hübschen, gefälligen Bilderbücher, sondern die sperrigeren in Erinnerung. Nach solchen suche ich auch für meine Kinder. Ich suche nach dem speziell illustrierten Bilderbuch. Haben Sie Empfehlungen? Ich lese die "Leserfragen" regelmäßig, Sie können auch gern immer mal wieder antworten, so dass Sie Neuerscheinungen mit einbeziehen können.

 

Antwort 64:

 

Anschaffenswert für Sie ist:

Momo Takane: "Momos Wünsche"

 

Wenn man sich nicht mit japanischer Illustration Manga und Bilderbuchgestaltung beschäftigt hat und blättert dieses Buch nur eilig durch, sind die Illustrationen nur verwirrend, wenig anheimelnd. Wenn man näher hinschaut, sieht man jedoch und dann sofort, dass es ein japanisches Bilderbuch ist, und alle für den Ungeschulten schwierige Eindrücke werden durch Augen der dargestellten Figuren, durch die Farbgestaltung hervorgerufen; schon wird es zu einem Buch, das einen wirklich beschäftigt. Nicht nur die Erwachsenen, auch die Kinder beginnen schnell, an „Momos Wünsche“ zu hängen.

Ein Kind, das nicht einschlafen kann und mit wirren Gedanken herumliegt und dem sogenannte „Traumeier“ angeboten werden, das Kind, das die Traumeier und deren Wirkung in Erfahrung bringt. Das ist die Geschichte. In Kombination mit den Bildern hinterlässt das Buch kleine Betrachter und große Vorleser, die es nicht mehr missen möchten. Die anfängliche Verwirrung bleibt bei manchen vielleicht immer, es ist eine Verwirrung, die positiv ist und gute Spuren hinterlässt.

(Ab 3)

 

Momo Takane:

„Momos Wünsche“

Aus dem Japanischen von Renate Raecke

Minedition 2009

32 S., Euro 12,95

ISBN 978-3865660985

 

Wir bleiben dran!

 

Hoch

 

 

Frage 63:

Meine kleine Tochter lässt das Essen immer stehen. Ich würde ihr gerne anhand eines Bilderbuches - und nicht mit einer oberflächlicher Gewissenskeule - zeigen, dass die Realität für viele Kinder ganz anders aussieht als für sie. Gibt es da was?

 

Antwort 63:

 

Wichtige Botschaft

Nasrin Siege: "Wenn der Löwe brüllt"

Von Anne Spitzner

 

Wenn der Löwe brüllt, haben die Kinder Hunger. Doch anders als die meisten Kinder hierzulande haben Bilali und Emanuel, die beiden Hauptfiguren dieses Buches, kein Essen, um den Löwen zufriedenzustellen – Emanuel und Bilali sind Straßenkinder in einer namenlosen afrikanischen Stadt. Wenn für sie der Löwe brüllt, müssen sie betteln gehen oder hart arbeiten, und dabei begegnen ihnen nicht nur freundliche Menschen, sondern in der überwiegenden Mehrheit unfreundliche Zeitgenossen und sogar Diebe, die ihnen ihr hart verdientes Geld gleich wieder wegnehmen.

Dass diese Geschichte nicht nur traurig ist, verdankt sie dem unerschütterlichen Optimismus ihrer beiden Protagonisten, die sich weder vom Hunger noch vom Elend unterkriegen lassen, sondern unbeirrt weiter von einem besseren Morgen träumen. Aber den größeren Verdienst an der trotz der traurigen Umstände vorhandenen Fröhlichkeit der Geschichte haben eindeutig die bunten Bilder von Barbara Nascimbeni, auf denen es so viel zu entdecken gibt, dass man schon mal vergessen kann, dass man eigentlich gerade zwei hungrigen Kindern durch die Straßen folgt.

„Wenn der Löwe brüllt“ ist eine schöne Möglichkeit, den hiesigen, mehr oder weniger verwöhnten, im Vergleich mit Bilali und Emanuel jedoch recht glücklichen Kindern klarzumachen, dass es andere auf dieser Welt gibt, denen es nicht so gut geht wie ihnen.

Und trotz dieser wichtigen Botschaft sind Emanuel und Bilali keine kleinen Moralapostel mit erhobenem Zeigefinger, sie sind und bleiben Kinder, die lachen, spielen und herumtollen – Kinder, deren ständiger Begleiter ein Löwe namens Hunger ist.

 

Nasrin Siege:

"Wenn der Löwe brüllt"

Mit Bildern von Barbara Nascimbeni

Hammer Verlag 2009

32 S., Euro 15,90

ISBN 978-3779502739

 

Die Rezensentin ist Krimi- und Kinderbuchautorin.

 

Hoch

 

 

Frage 62:

Ich habe im Buchladen das Bilderbuch "Komm essen, Pfannkuchen!" gesehen und bin kritisch.

Was ist Ihre Meinung zu dem Buch ?

 

Antwort 62:

 

Witzig für Kinder?

Kai Pannen: "Komm essen, Pfannkuchen!"

Von Iris Kersten

 

Herr Tapsig bereitet sich einen leckeren Pfannkuchen, der ihm beim schwungvollen Wenden aus der Pfanne durch das offene Fenster davon fliegt. (Der Pfannkuchen hat eine Abneigung gegen Ahornsirup.)

Über 18 Seiten fliegt der Pfannkuchen nun, verfolgt von denjenigen, denen der Duft desselben in die Nase gestiegen ist, um zu guter Letzt, müde wie er ist, auf dem Teller eines glücklichen Mädchens zu landen. Dort lässt sich der Pfannkuchen willig mit den leckeren Sachen der Verfolger belegen und verspeisen. Selbst Herrn Tapsigs Ahornsirup lässt ihn nicht mehr zurückschrecken.

Auf jeder Seite wiederholt sich ein Holdrio-Reim, und Kinder lieben Wiederholungen. Das ist eine nette Idee. Aber darüber hinaus?

Laut Verlag handelt es sich um „eine witzige Neuerzählung des alten Volksmärchens Vom dicken fetten Pfannkuchen“ für Kinder ab 5 Jahren.

Witzig soll es sein. Die karikaturhaften Zeichnungen sind es vielleicht – man muss eben Karikaturen mögen – aber der Text bringt einen eher zum Weinen als zum Lachen, denn es entsteht keine zusammenhängende Geschichte. Was die Buchseiten miteinander verbindet, sind die Bilder des Pfannkuchen und der Personen, die hinter ihm herjagen. Doch auch die einzelnen Bilder lassen Zweifel aufkommen. Denn ob ein Fünfjähriger versteht, warum es witzig ist, wenn ein General auf gestapelten Bananenkisten für sein Standbild probt? Das dürfte fraglich sein. Und auch die Bilderfolge hat etwas für ein Kinderbuch Willkürliches: Jedes Bild wird für sich beschrieben, und jedes könnte in der Reihenfolge das erste sein.

Die Idee, ein Pfannkuchenrezept an den Schluss zu setzen, ist zwar originell, man kann dergleichen aber auch in einem Kochbuch finden.

 

Kai Pannen:

„Komm essen, Pfannkuchen“

Lappan Verlag 2009

32 S., Euro 9,95

ISBN 978-3830311416

 

 

Die Rezensentin lebt als Autorin und Kinderbuchautorin in Brüssel. Sie leitet zudem Workshops für Kinder für Kreatives Schreiben.

 

Hoch

 

   
 

copyright by librikon